Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozessrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Aufnahme des Rechtsstreits durch den Erben.

 

Normenkette

ZPO §§ 239, 250

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 4 O 533/88)

 

Tenor

Der Beklagte zu 1) hat den Rechtsstreit für die am 25. Dezember 1991 verstorbene Beklagte zu 2) aufgenommen.

Dem Beklagten zu 1) bleibt die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer folgt der des Urteils vom 21. November 1991.

 

Gründe

Mit Urteil vom 21. November 1991 hat der Senat über die Berufung der Beklagten zu 2) entschieden. Das Urteil ist den Parteien des Berufungsverfahrens (Beklagte zu 2) und Klägerin am 20. Dezember 1991 zugestellt worden (Bl. 250, 251 der Akten). Am 25. Dezember 1991 ist die Beklagte zu 2) verstorben (Bl. 257 der Akten). Der Aussetzungsantrag ihres Prozeßbevollmächtigten ist am 10. Januar 1992 eingegangen. Antragsgemäß hat der Senat mit Beschluß vom 22. Januar 1992 gemäß § 246 ZPO das Verfahren ausgesetzt (Bl. 254 der Akten).

Auf Antrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 28. Juli 1992 (Bl. 259 der Akten),

den Beklagten zu 1) als Alleinerben der verstorbenen Beklagten zu 2) zur Aufnahme des Rechtsstreits zu laden, ist Termin zur mündlichen Verhandlung über die Aufnahme bestimmt worden. Zu diesem Termin ist der Beklagte zu 1) geladen worden.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

ihm die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlaß vorzubehalten.

Die Klägerin beantragt,

diesen Antrag zurückzuweisen.

Der Senat ist zur Entscheidung über die Frage der Aufnahme des Rechtsstreits und die Haftungsbeschränkung zuständig. Denn das Unterbrechungsereignis ist nach Urteilserlaß, aber vor Rechtsmitteleinlegung eingetreten (RGZ 68, 247, 255; Thomas/Putzo, ZPO, 17. Aufl., § 239 Anm. 5 d aa)).

Der Antrag der Klägerin war gemäß § 239 Abs. 2 ZPO zulässig. Der Beklagte zu 1) ist als Erbe Rechtsnachfolger der Beklagten zu 2). Das ist nach der im Termin abgegebenen Erklärung des Beklagten zu 1) unstreitig. Die Aufnahme des Rechtsstreits ist auch verzögert worden. Eine Verzögerung ist dann gegeben, wenn der Erbe in Kenntnis des Rechtsstreits und trotz Annahme der Erbschaft den Rechtsstreit nicht gemäß § 250 ZPO aufnimmt. Denn nach Ablauf der Ausschlagungsfrist ist der Erbe zur Aufnahme des Rechtsstreits nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (OLG Frankfurt MDR 1966, 153 f; Baumbach/Hartmann, ZPO, 50. Aufl., § 239 Anm. 5; Zöller/Stephan, ZPO, 17. Aufl., § 239 Rz. 12). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Kenntnis des Beklagten zu 1) vom Rechtsstreit ist offenkundig; er war Ehemann der Beklagten zu 2) und Partei dieses Rechtsstreits. Zum Zeitpunkt des Antrags der Klägerin war auch die Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB lange verstrichen und der Beklagte zu 1) im Besitze eines Erbscheins (Bl. 260 der Akten). Obgleich der Beklagte zu 1) im Termin die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt hat, ist der entsprechende Ausspruch im Urteil zur Klarstellung jedenfalls zulässig, daß das Urteil zur Hauptsache auch für und gegen den Beklagten zu 1) wirkt. Das Ergänzungsurteil wird insoweit zu einem unselbständigen Teil des Urteils in der Hauptsache (RGZ a.a.O. S. 256; Stein-Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 239 Rz. 34). Der gegen die Zulässigkeit einer solchen Zusatzentscheidung vorgebrachten Kritik (MünchKomm zur ZPO, 1992, § 239 Rz. 37) vermag sich der Senat nicht anzuschließen, weil, wie die im übrigen einhellige und seit langem gefestigte Praxis zeigt, ein praktisches Bedürfnis an dieser Klarstellung besteht, das am einfachsten mit einem Zusatzurteil zu befriedigen ist.

Antragsgemäß ist dem Beklagten zu 1) die Beschränkung seiner Haftung vorzubehalten. Daß der Unterbrechungstatbestand nach Urteilserlaß eingetreten ist, steht nach überwiegender Auffassung und entgegen der Meinung der Klägerin dem Ausspruch der Beschränkung der Erbenhaftung nicht entgegen (OLG Düsseldorf NJW 1970, 1689, 1690; Zöller/Stephan a.a.O. § 239 Rz. 10; Baumbach/Hartmann a.a.O. § 239 Anm. 5 a.E; a.A. wohl („braucht nicht”) Schumann a.a.O.). Vielmehr ist diese Beschränkung ohne weitere Sachprüfung auszusprechen (OLG Düsseldorf a.a.O. S. 1690). Denn es ist in der Sache bereits entschieden worden und nicht abzusehen, ob das Urteil rechtskräftig wird. Wird es aber rechtskräftig, dann könnte der Beklagte zu 1) die Beschränkung im Rechtsstreite nicht mehr geltend machen. Vielmehr bliebe ihm dann nur der Weg der Vollstreckungsabwehrklage des Erben, § 785 ZPO. Diese Klage kann aber nur dann zum Erfolg führen, wenn dem Erben gemäß § 780 Abs. 1 ZPO die Beschränkung seiner Haftung im Urteil vorbehalten worden ist. Zwar mag in Betracht kommen, daß der Erbe die Einrede bei einem gegen den Erblasser erwirkten Titel in der Vollstreckung auch ohne Vorbehalt im Urteil erheben kann. Ob das auch in einem Falle möglich ist, in dem wie hier über die Aufnahme verhandelt worden ist, erscheint sehr fraglich (vgl. noch Stein-Jonas/Münzberg a.a.O. § 781 Rz. 1). Die Frage bedarf aber keiner Stellungnahme. Denn jedenfalls kann dem Erben nic...

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