Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurkundungs- und Belehrungspflicht bei Scheidungsfolgenvergleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei umfassendem Scheidungsfolgenvergleich besteht eine Beurkundungspflicht, wenn der Vergleich auch die Verpflichtung zur Übertragung von Grundbesitz enthält.

2. Der Notar muss bei Aufnahme eines Abänderungsverzichtes in einen Scheidungsfolgenvergleich grundsätzlich über die Auswirkungen einer derartigen Vereinbarung belehren, sofern nicht den Parteien die wesentlichen Voraussetzungen einer Änderungsmöglichkeit nach § 323 ZPO, auf die sie verzichten, bekannt sind.

3. Zum Anscheinsbeweis für beratungsgerechtes Verhalten.

 

Normenkette

BGB §§ 125, 311; ZPO § 323; BNotO § 19

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 12.11.2004; Aktenzeichen 12 O 257/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 12.11.2004 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Kiel wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 82.531,88 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten wegen notarieller Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch, weil er ihm vorwirft, ihn in einem der späteren Beurkundung vorangegangenen Schreiben vom 22.3.1991 unrichtig über die Wirksamkeit einer privatschriftlichen Unterhaltsvereinbarung belehrt zu haben. In der anschließenden Beurkundung vom 28.3.1991 soll der Beklagte den Kläger nicht über die rechtlichen Auswirkungen des in Teil B § 1 Ziffer d der Unterhalts- und Scheidungsfolgenregelung enthaltenen Verzichts auf eine Anpassung des Ehegattenunterhalts für den Fall des Eintritts wesentlicher Umstände gem. § 323 ZPO belehrt haben. In der vom Beklagten beurkundeten Unterhalts- und Scheidungsfolgenregelung wurde ein vom Kläger an seine damalige Ehefrau zu zahlender befristeter nachehelicher Unterhalt von monatlich 1.100 DM vereinbart.

Der Kläger erhob 1993 beim AG Eckernförde eine Vollstreckungsabwehrklage gegen seine geschiedene Ehefrau mit der Behauptung, diese unterhalte eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit dem Zeugen A. Mit dieser Klage wurde er durch Urteil des AG Eckernförde vom 1.12.1993 abgewiesen. Auch eine im Jahr 1998 erneut mit derselben Begründung erhobene Klage hatte keinen Erfolg und wurde durch Urteil des AG Eckernförde vom 14.5.1999 abgewiesen. Die Klageabweisungen beruhten darauf, dass dem Kläger der Nachweis einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft seiner geschiedenen Ehefrau nicht gelang, weil der Zeuge A auf Anstiftung der geschiedenen Ehefrau des Klägers eine unrichtige Aussage gemacht hatte.

Nachdem der Zeuge A sich von der geschiedenen Ehefrau des Klägers getrennt hatte, teilte er dem Kläger am 26.6.2000 mit, dass er in den Vorprozessen eine unrichtige Aussage über die streitige nichteheliche Lebensgemeinschaft gemacht habe. Daraufhin ließ der Kläger die vom Beklagten beurkundete Vereinbarung vom 28.3.1991 durch anwaltliches Schreiben vom 7.11.2000 wegen arglistiger Täuschung anfechten. Ferner erhob er gegen seine geschiedene Ehefrau eine Vollstreckungsabwehr- und Schadensersatzklage, mit der er die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 28.3.1991 und Schadensersatz wegen überzahlter Unterhaltsbeträge und aufgewandter Prozesskosten geltend machte. Durch Urteil des AG Eckernförde vom 10.5.2001 hatte er mit seiner Vollstreckungsabwehrklage Erfolg. Auf den vom Kläger bezifferten Schadensersatzbetrag von 130.933,03 DM erkannte das AG Eckernförde dem Kläger 100.750,13 DM zu.

Die geschiedene Ehefrau des Klägers legte gegen das Urteil des AG Eckernförde Berufung ein. Im Berufungsrechtsstreit unterbreitete der hiesige 5. Senat für Familiensachen einen mit Gründen versehenen Vergleichsvorschlag vom 21.10.2002, wonach die geschiedene Ehefrau des Klägers an ihn 4.350 EUR zahlen sollte und sämtliche gegenseitigen Ansprüche durch den Vergleich abgegolten werden sollten. Hierbei ging der 5. Senat für Familiensachen davon aus, dass aufgrund der vom AG Eckernförde durchgeführten Beweisaufnahme voraussichtlich ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen seine geschiedene Ehefrau wegen unrichtiger Angaben über das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft begründet sei. Bei der Höhe des überzahlten Unterhalts müsse allerdings berücksichtigt werden, dass der Kläger ausweislich des Anfechtungsschreibens vom 7.11.2000 bereit gewesen sei, trotz der Kenntnis der nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen Mindestunterhalt von monatlich 850 DM zu zahlen. Gegen diese Auffassung hat sich der Kläger zunächst gewandt, sich dann aber zum Abschluss des vorgeschlagenen Vergleichs entschlossen, weil er mit seinen Einwendungen nicht durchgedrungen war. Der vorgeschlagene Vergleich wurde am 7.2.2003 p...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge