Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz wegen fehlerhaftem Verkehrswertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Für die sachliche Richtigkeit eines Verkehrswertgutachtens im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens kommt es nur darauf an, ob der Verkehrswert richtig geschätzt worden ist, wobei Abweichungen von 12,5 % sich noch im tolerablen Rahmen halten. Die Feststellung von Baumängeln gehört nicht zur Sachverständigenpflicht, sie haben im Rahmen eines solchen Gutachtens nur Bedeutung für die Feststellung des Verkehrswertes, weshalb sich ein Ersteigerer insoweit nicht auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Gutachtens berufen oder verlassen kann.

 

Normenkette

BGB § 839a; WertV § 21 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 08.03.2006; Aktenzeichen 2 O 335/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 8.3.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Itzehoe wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz i.H.v. 30.000 EUR wegen eines angeblich falschen Wertgutachtens in Anspruch.

Der Kläger ersteigerte ein Einfamilienhaus. Im Zuge des Zwangsversteigerungsverfahrens hatte die Beklagte als vom AG beauftragte Sachverständige ein Wertgutachten über den Verkehrswert des Grundstücks erstattet. Sie ermittelte einen Verkehrswert i.H.v. 180.000 EUR, der vom AG als Wert festgesetzt wurde. Der Kläger erhielt für ein Gebot i.H.v. 146.000 EUR den Zuschlag.

Der Kläger behauptet, dass die Beklagte erhebliche Mängel am Objekt nicht festgestellt habe. Bei ordnungsgemäßer und korrekter Durchführung ihres Gutachtens hätten diese Mängel zu einer Wertminderung von mindestens 34.000 EUR geführt. Das Gutachten sei grob fehlerhaft und falsch und beruhe auf einer nachlässigen Bewertung des Objektes. Hätte die Beklagte den Verkehrswert richtigerweise auf 150.000 EUR festgesetzt, hätte der Kläger allenfalls 116.000 EUR geboten und zu diesem Preis auch den Zuschlag erhalten.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten einschließlich der dortigen Verweisungen sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge Bezug genommen.

Der Kläger trägt mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung vor, dass das LG fehlerhaft angenommen habe, dass er als Ersteigerer nicht Verfahrensbeteiligter im Zwangsversteigerungsverfahren sei. Des Weiteren habe das LG verkannt, dass auch die Voraussetzungen für eine sittenwidrige Schädigung vorliegen würden. Denn die Beklagte habe sehenden Auges ein falsches Gutachten und mithin bewusst leichtfertig ihr Gutachten erstellt, wie sich aus den unter Beweis gestellten tatsächlichen erheblichen Mängeln ergebe.

Er beantragt:

Unter Abänderung des am 8.3.2006 verkündeten Urteils des LG Itzehoe, Aktenzeichen 2 O 335/05, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 30.000 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über EZB seit dem 10.2.2005 zu zahlen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung an das LG Itzehoe zurückverwiesen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, dass der Kläger als Ersteigerer kein Beteiligter i.S.d. Zwangsversteigerungsverfahrens sei und er deshalb keinen Schadensersatzanspruch aufgrund eines fehlerhaften Gutachtens haben könne. Im Übrigen weise das Gutachten auch keinen Fehler auf und habe den Verkehrswert zutreffend ermittelt.

Der Senat hat die Parteien persönlich angehört und Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 1.9.2006 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und mündliche Anhörung des Sachverständigen. Auf das Gutachten des Sachverständigen S. vom 8.3.2007, die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 11.8.2006 und 22.6.2007 sowie auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Eine Haftung der Beklagten gem. § 839a BGB wegen eines grob fahrlässig erstatteten unrichtigen Gutachtens kann nicht festgestellt werden. Es ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt ein unrichtiges Gutachten vorliegt (1), jedenfalls fehlt es an einer groben Fahrlässigkeit der Beklagten (2).

§ 839a BGB ist die zutreffende Anspruchsgrundlage auch für Schadensersatzansprüche des Ersteigerers im Verfahren der Zwangsversteigerung, wenn der Zuschlagsbeschluss auf einem unrichtigen Wertgutachten beruht. Dabei muss der entstandene Vermögensschaden in den Schutzbereich der verletzten Sachverständigenpflicht fallen (vgl. BGH v. 9.3.2006 - III ZR 143/05, BGHReport 2006, 770 = MDR 2006, 1168 = WuM 2006, S. 262/263. Soweit der Kläger meint, dass die Sachverständige an dem ersteige...

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