Leitsatz (amtlich)

1. Der mit der Herstellung der Lastenfreiheit beauftragt Notar ist in der Regel nicht verpflichtet, die Vertragsparteien vor einer Auszahlung vom Anderkonto zum Zwecke der Ablösung von Grundpfandrechten über die Höhe des auszuzahlenden Betrages zu informieren. Ausnahmen kommen nur bei besonderen Umständen des Einzelfalles in Betracht.

2. Dient eine Grundschuld auch der Sicherung laufender Kontokorrentschulden aus einem Ehegatten-Gemeinschaftskonto, dürfen diese in die zur Ablösung der Grundschuld geleistete Zahlung auch dann einbezogen werden, wenn die Schulden nur von einem der beiden Eheleute verursacht worden sind. Abweichende Vereinbarungen im Innenverhältnis der Eheleute sind unerheblich, solange im Außenverhältnis zur Bank das Gemeinschaftskonto fortbesteht.

 

Orientierungssatz

Informationspflicht des Notars bei Ablösung von Grundpfandrechten.

 

Normenkette

BNotO §§ 14, 19 Abs. 1, §§ 23-24; DONot § 11 Abs. 1

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Uwe Petersen, Dr. Peters, Grimm, v. Hobe, Dr. Petersen und Schober

Rechtsanwälte Giese

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Aktenzeichen 3 O 308/98)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Itzehoe – 3. Zivilkammer – vom 05. März 1999 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Klägerin und der Streitwert für den Berufungsrechtszug betragen jeweils 13.062,97 DM.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klägerin kann vom Beklagten keinen Schadensersatz aus § 19 Abs. 1 BNotO beanspruchen. Das erstinstanzliche Urteil des LG ist dementsprechend zu ändern und die Klage abzuweisen.

Es begegnet bereits Zweifeln, ob vorliegend eine Amtspflichtverletzung des Beklagten gegeben ist (unten 1). Auch wenn eine solche Amtspflichtverletzung angenommen wird, kann die Klägerin keinen Schadensersatz nach § 19 Abs. 1 BNotO beanspruchen, weil diese für den geltend gemachten Schaden nicht ursächlich war (unten 2).

1) Das LG hat angenommen, der Beklagte habe seine notariellen Amtspflichten gegenüber der Klägerin aus §§ 14, 23, 24 BNotO verletzt, weil er die von der Volksbank geforderte Summe zur Ablösung der im Grundbuch eingetragenen Grundschulden in Höhe von 198.000 DM ausbezahlt habe, bevor die Klägerin über die Höhe dieser Summe benachrichtigt worden und die Richtigkeit dieses Betrages bestätigt worden sei. Eine Amtspflichtverletzung lässt sich daraus indes nicht herleiten.

Der Beklagte war nach §§ 3, 5 Satz 3 und 11 des Kaufvertrages vom 26. Januar 1998 mit dem Vollzug einschließlich der Herstellung der (vereinbarten) Lastenfreiheit des verkauften Grundstücks beauftragt. Er hatte – dementsprechend – im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung und der dazu erteilten Weisungen der Vertragsparteien alles zu veranlassen, was zum Zwecke der Herstellung der Lastenfreiheit erforderlich war. Dies entsprach der Verpflichtung der Klägerin und ihres Ehemannes als Verkäufer des Grundstücks und diente zugleich der Erfüllung des dementsprechenden Anspruches der Käufer. An die Volksbank war dementsprechend aus dem Kaufpreis der Betrag (in der Höhe) auszukehren, der zur Herstellung der Lastenfreiheit erforderlich war.

Mit der am 27. März 1998 veranlassten Überweisung von 198.000 DM an die Volksbank hat der Beklagte dieser Verpflichtung entsprochen. Er war – entgegen der Auffassung des LG – nicht verpflichtet, die genannte Auszahlung erst nach einer Benachrichtigung bzw. einer „Bestätigung” der Klägerin (bzw. ihres Ehemanns) über die Richtigkeit des ausgezahlten Betrages vorzunehmen. Die Klägerin geht selbst davon aus, dass der Beklagte die Richtigkeit der Angaben der Bank über die Höhe der geforderten Ablösungsbeträge „nicht überprüfen kann und dazu auch nicht aufgerufen ist”; dies entspricht dem – auch bei Vollzugs- und Treuhandtätigkeiten des Notars geltenden – Grundsatz, dass der Notar die für das zu vollziehende Rechtsgeschäft maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse nicht selbstständig festzustellen oder zu klären hat (vgl. Seybold/Schippel, BNotO, Kommentar, 1995, § 24 Rnr. 31 a. E.). Aus den §§ 14, 23, 24 BNotO lässt sich – darüber hinaus – auch nichts für eine Pflicht des Beklagten gewinnen, die Vertragsbeteiligten vor der Auszahlung von Ablösungsbeträgen vom Anderkonto über die Höhe des auszuzahlenden Betrages zu benachrichtigen. Eine solche Benachrichtigungspflicht besteht in der Regel nicht; sie kann – ausnahmsweise – nur in Betracht kommen, wenn der Notar besondere Anhaltspunkte dafür hat, dass die von den dinglich gesicherten Gläubigern angeforderten Ablösungsbeträge überprüfungsbedürftig sind. In solchen Fällen kann der Notar eine Benachrichtigung an die Vertragsparteien im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens dazu nutzen, sich darüber zu vergewissern, dass die „angeforderte” Summe – (auch) ihrer Höhe nach – zur Herstellung der vertraglich vereinbarten Lastenfreiheit erforderlich ist. Eine generelle Pflicht, vor jeder Auszahlung vom Anderkonto di...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?