Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässige Berufung gegen ein nach § 319 ZPO berichtigungsfähiges Rechtsmittel; Erledigung der Berufung nach Berichtigung
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen ein nach § 319 ZPO berichtigungsfähiges Rechtsmittel ist regelmäßig neben dem Antrag auf Berichtigung nach § 319 ZPO auch die Berufung zulässig (h. M.).
2. Nach erfolgter Berichtigung kann der Berufungsführer die Berufung für erledigt erklären. Die Berufung hat nicht als von Anfang an unzulässig zu gelten (str.; entgg. BGH NJW 1994, 2832).
Normenkette
ZPO §§ 91a, 319
Nachgehend
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Berufung erledigt ist.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger erwarb am 16.10.2017 bei einem am Rechtsstreit nicht beteiligten Händler einen gebrauchten Pkw ... zum Preis von 25.300,- EUR. In dem Pkw ist ein von der Beklagten entwickelter Motor ... verbaut. Der Motor verfügt über eine Prüfzykluserkennung, die das KBA als unzulässig beanstandete. Mit der Klage hat der Kläger von der Beklagten Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, zuletzt berechnet mit 15.289,19 EUR, und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.072,77 EUR verlangt. Zudem hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten beantragt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 08.07.2021, dem Kläger zugestellt am 15.07.2021 ausweislich des Tenors in Höhe von 6.914,94 EUR nebst 633,94 EUR Rechtsverfolgungskosten stattgegeben und auch die begehrte Feststellung ausgesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Höhe des in der Hauptsache ausgeurteilten Betrages hat es aus dem Kaufpreis abzgl. einer Nutzungsentschädigung errechnet. Die dem zugrunde liegende Berechnung hat es in der Urteilsbegründung (UA S. 10) im Einzelnen dargelegt. Die Kosten hat das Landgericht zu 55 % dem Kläger und zu 45 % der Beklagten auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 26.07.2021 hat der Kläger die Berichtigung zweier s. E. offenbarer Unrichtigkeiten beantragt. Dem Kläger seien richtigerweise 15.282,05 EUR zuzusprechen und die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Am 13.08.2021 hat er Berufung eingelegt. Innerhalb der bis zum 15.10.2021 verlängerten Frist zur Berufungsbegründung hat er am 14.10.2021 die Berufung für erledigt erklärt, nachdem das Landgericht das Urteil mit Beschluss vom 18.08.2021 antragsgemäß berichtigt hatte. Der Senat hat die Beklagte auf die Zustimmungsfiktion nach § 91 a Abs. 1 S. 2 ZPO hingewiesen. Der Zugang des Hinweises ist nicht nachweisbar. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 20.12.2021 widersprochen.
Der Kläger meint, dass die Berufung zunächst zulässig gewesen sei. Er habe gegen das unrichtige Urteil Berufung einlegen müssen, um eine ihn belastende Kostenentscheidung zu vermeiden. Er habe nicht sicher davon ausgehen können, dass das Landgericht seinem Berichtigungsantrag stattgeben werde. Erst mit Erlass des Berichtigungsbeschlusses sei seine Beschwer weggefallen, wodurch sich die Berufung erledigt habe. Sie wäre auch begründet gewesen, weil ihm nach der zutreffenden landgerichtlichen Urteilsbegründung, auf die verwiesen werde, ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 15.282,06 EUR zustünde.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass sich die Berufung erledigt hat und der Beklagten noch insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, dass der Kläger keinen Anlass zur Berufung gehabt habe. Es wäre daher unbillig, ihr die Kosten aufzuerlegen. Der Kläger hätte erkennen und darauf vertrauen können, dass sein Antrag auf Urteilsberichtigung nach § 319 ZPO Erfolg haben werde. Das Landgericht habe in der Urteilsbegründung die für seine Berechnungen maßgeblichen Parameter einzeln aufgeführt. Aufgrund des sodann folgenden Rechenfehlers seien Hauptsachetenor und Kostenentscheidung unrichtig gewesen. Es handele sich dabei um offenbare Unrichtigkeiten i. S. d. § 319 ZPO
II. Es ist über die Erklärung des Klägers zu entscheiden, das Rechtsmittel der Berufung für erledigt zu erklären.
1. Zu entscheiden ist durch Urteil, nicht durch Beschluss nach § 91 a ZPO. Die Erledigungserklärung ist einseitig geblieben. Es ist nicht nachweisbar, wann der Beklagten die Erledigungserklärung sowie der Hinweis des Senats auf die Rechtsfolgen eines ausbleibenden Widerspruchs nach § 91 a Abs. 1 S. 2 ZPO zugegangen ist. Ihr schriftsätzlicher Widerspruch ist deshalb als fristgerecht zu behandeln, die Zustimmungsfiktion greift nicht ein.
2. Die einseitige Erklärung der Erledigung e...