Entscheidungsstichwort (Thema)
Das Sozialministerium kann die auflagengemäße Verwendung eines testamentarisch zugewandten Geldbetrages verlangen
Leitsatz (amtlich)
1. Macht die Behörde nach § 2194 BGB den Anspruch auf Vollziehung einer im öffentlichen Interesse liegenden testamentarischen Auflage geltend, so richtet sich die Bestimmtheit des Klagantrags nach dem Inhalt der Auflage. Ist die Art und Weise der zweckgerichteten Auflagenerfüllung dem beschwerten Erben überlassen, muss ggf. in Kauf genommen werden, dass sich der eigentliche Streit in das Vollstreckungsverfahren verlagert.
2. Mit dem Einwand, er habe die Erbschaftsmittel auflagengemäß verwandt, macht der Erbe die Einrede der Erfüllung der Auflage geltend. Dementsprechend liegt die Darlegungs- und Beweislast hierfür bei ihm.
3. Der mit der Auflage beschwerte Erbe kann sich nicht darauf berufen, die Erfüllung der Auflage sei ihm unmöglich geworden, weil die Nachlassmittel verbraucht seien. Da der Nachlass aufgrund des Erbfalls mit seinem sonstigen Vermögen zu einer Einheit verschmolzen ist, kann Unmöglichkeit der Auflagenerfüllung jedenfalls so lange nicht eintreten, als der Erbe vermögend ist.
Normenkette
BGB §§ 253, 1940, 2194, 2196; GG Art. 9
Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 11 O 145/15) |
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung des Vollziehungsanspruchs (Abs. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- EUR abwenden und die Vollstreckung des Auskunftsanspruchs (Abs. 2 ebd.) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500,- EUR, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe der jeweiligen Beträge leistet. Hinsichtlich der Kosten kann der Beklagte die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Gründe
I. Das klagende Ministerium ist unter anderem für die Unterstützung blinder und sehbehinderter Menschen zuständig. Der Beklagte ist nach § 2 seiner Satzung ein gemeinnütziger Verein mit demselben Ziel. Der Beklagte ist in rechtlich unselbständige Bezirksgruppen gegliedert. Sein am ...12.2009 verstorbenes Mitglied S gehörte der Bezirksgruppe R an. Er errichtete am 02.07.2007 ein notarielles Testament, in dem er den Beklagten zu seinem Erben bestimmte, verschiedene Vermächtnisse aussetzte und im Übrigen eine Verwendung seines Vermögens zugunsten der Bezirksgruppe R anordnete. Wortlaut und Inhalt seiner letztwilligen Verfügung sind der Urkundsabschrift Anlage K 1 (Bl. 12 - 15 d.A.) zu entnehmen.
Die Klägerin wirft dem Beklagten eine auflagenwidrige Verwendung des Nachlasses vor. Sie gewährt ihm deshalb derzeit keine Zuschüsse. Hierüber schwebt ein Verwaltungsrechtsstreit zwischen den Parteien. Vor der Klägerin hatte bereits ein Herr N im Jahr 2011 einen in die gleiche Richtung gehenden Vorwurf erhoben. Der Beklagte hatte ihn gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen, unterlag jedoch. Auf das Urteil des Landgerichts Kiel vom 21.09.2012 (6 O 286/11) und den Hinweisbeschluss des 9. Zivilsenats des hiesigen Oberlandesgerichts im Berufungsverfahren vom 05.02.2013 (9 U 100/12) wird Bezug genommen.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin gegen den Beklagten Stufenklage auf Erteilung von Auskunft über Bestand und Verwendung des Nachlasses und auf auflagengemäße Verwendung der sich aus der Auskunft ergebenden Vermögenswerte erhoben. Die Klage ist am 10.06.2015 bei Gericht eingegangen. Nach Anerkenntnis des Auskunftsanspruchs ist ein entsprechendes Teilanerkenntnisurteil ergangen. Der Beklagte erteilte Auskunft durch Einholung eines Gutachtens der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft E vom 15.06.2015 (Anlage B 1). Auf der Grundlage des Gutachtens hat die Klägerin die Leistungsstufe der Stufenklage aufgerufen und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ein nachlasszugehöriges Grundstück in W nebst den daraus folgenden Erträgen und ein liquides Vermögen in Höhe von 231.030,57 EUR ausschließlich zum Vollzug der testamentarischen Auflage zu verwenden. Klagerweiternd hat sie die Verurteilung zu regelmäßiger Rechenschaftslegung des Beklagten über den Vollzug der Auflage beantragt. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede gestellt, jedoch auch eine auflagengemäße Verwendung behauptet und sich auf Verjährung eines etwaigen Vollziehungsanspruchs der Klägerin berufen.
Wegen des weiteren Parteivortrags im ersten Rechtszug und der dort zuletzt gestellten Anträge wird nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Schlussurteils Bezug genommen.
In den Entscheidungsgründen hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin von dem Beklagten gemäß § 2194 Satz 2 BGB die Vollziehung der testamentarischen Auflage in...