Verfahrensgang

LG Flensburg (Urteil vom 04.04.1995; Aktenzeichen 2 O 41/93)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 17.12.2002; Aktenzeichen 1 BvR 755/99, 1 BvR 756/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4. April 1995 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 13.777,12 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17. Februar 1993 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger die ihm ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand entstandenen und künftig noch entstehende Schäden wegen Gehaltsausfall zu ersetzen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben der Kläger 22 % und die Beklagten 78 % zu tragen.

Von den Kosten des zweiten Rechtszuges haben der Kläger 12 % und die Beklagten 88 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,– DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Das Urteil beschwert den Kläger in Höhe von 10.000,– DM.

Der Wert der Beschwer der Beklagten liegt über 60.000,– DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten jetzt noch darüber, ob dem Kläger gegenüber den Beklagten ein Anspruch auf Schmerzensgeld und ein Schadensersatzanspruch zusteht.

Der im Jahr 1941 geborene Kläger ist von Beruf Lehrer. Bis zu seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand im Juli 1992 war er rund 30 Jahre in diesem Beruf tätig. Nach Abschluss seines Studiums unterrichtete er zunächst in einer Schule in St. Michaelisdonn. Anschließend unterrichtete er ca. 15 Jahre als Lehrer an einer Realschule in F.. Nach Schließung der Realschule ist er zunächst an eine Hauptschule und zwei Jahre später an die Grundschule R. in F. versetzt worden. Im August 1991 unterrichtete er in der 4 a Klasse, in der auch türkische Mitschülerinnen und Mitschüler waren, Heimat und Sachkundeunterricht.

Drei Wochen nach Unterrichtsbeginn nahmen mehrere Eltern der Schülerinnen und Schüler der Klasse 4 a Anstoß an dem pädagogischen Verhalten des Klägers. Auf Veranlassung der Beklagten zu 4) kam es wegen Beanstandungen von verschiedenen Eltern zu einer Unterredung. An dieser nahmen die Beklagte zu 4) in ihrer Funktion als Elternsprecherin der Klasse 4 a, ihre beiden Stellvertreterinnen (Beklagte zu 1) und Frau Sch.) sowie der Schulleiter T. teil. Der Schulleiter T. sah keine Veranlassung, den Kläger vom Unterricht in der Klasse 4 a zu entbinden. Er schlug vielmehr den Elternvertretern vor, den verhaltensauffälligen türkischen Schüler A. in eine andere Klasse zu bringen. Hiermit waren jedoch die Elternvertreter der Klasse 4 a nicht einverstanden. Das dem Kläger von den Eltern der Klasse 4 a angelastete Fehlverhalten bildete sodann Gegenstand eines Elternabends der Klasse 4 a, der aus Sicht der Eltern ebenso unbefriedigend verlief wie ein weiteres Gespräch zwischen dem Schulleiter T., dem Konrektor S., dem Kläger und der Beklagten zu 3) und 4). Anlass dieses Gesprächs bildete ein Vorfall am 19. September 1991 anlässlich eines Theaterbesuchs der Klasse 4 a, bei dem der Kläger einen Schüler körperlich angegriffen haben soll.

Kurz darauf verteilte der Kläger an die Schülerinnen und Schüler der Klasse 4 a im Rahmen des Sachkundeunterrichts eine Kopie des Deutschlandliedes mit allen drei Strophen. Er soll hierbei geäußert haben, dass „die ersten beiden Strophen nicht gesungen werden dürften, weil sich sonst die Türken ärgerten.”

Auf Veranlassung der Beklagten zu 1) und 2) erhielt die dänischsprachige Zeitung Flensborg Avis Kenntnis von den Vorfällen in der Klasse 4 a und von den behaupteten pädagogischen Auffälligkeiten des Klägers. Die Zeitung veröffentlichte daraufhin die Artikel vom 2. Oktober 1991 (Bl. 19) und 5. Oktober 1991 (Bl. 20 d.A.), in dem u.a. dem Kläger Fremdenhass vorgeworfen wurde.

Anlässlich einer Zusammenkunft am 4. Oktober 1991 beschlossen die Beklagten sowie weitere Eltern der Klasse 4 a den zwischenzeitlich verstorbenen Rechtsanwalt E. aus F. ihre Interessen wahrzunehmen. Rechtsanwalt E. richtete am 4. Oktober 1991 an den Kreisschulrat G. ein Schreiben, auf dessen vollständigen Wortlaut Bezug genommen wird (Bl. 10 f. d.A.). In diesem Schreiben heißt es u.a.:

„Herr H. zeichnet sich dadurch aus, dass er rassistisches Gedankengut verbreitet, gekoppelt mit Ausländerhass gegenüber Türken, dass er die Kinder ohne Einwilligung der Eltern körperlich angreift und dass er als Pädagoge nicht in der Lage ist, die Klasse ordnungsgemäß zu führen.”

Mit Schreiben der Schule R. vom 7. Oktober 1991 (Bl. 140 d.A.) unterrichtete der Rektor die Eltern der Sch...

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