Entscheidungsstichwort (Thema)

Belehrungspflicht des Notars über Zwangsversteigerungsvermerk und Risiken bei ungesicherten Vorleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Belehrungspflicht des Notars bei Kaufverträgen, die ein mit einem Zwangsversteigerungsvermerk belastetes Grundstück betreffen.

2. Zur Belehrungspflicht des Notars betreffend die wirtschaftlichen Ziele der Urkundsbeteiligten.

3. Zur doppelten Belehrungspflicht des Notars bei ungesicherten Vorleistungen (hier: Verpflichtung des Verkäufers zur Tragung der Grunderwerbssteuer).

4. Zur anderweitigen Ersatzmöglichkeit i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 2 BNotO bei Rechtsverfolgung im Ausland (hier: Aufenthalt des Schuldners in Schottland).

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 10.02.2004; Aktenzeichen 3 O 333/01)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 10.2.2004 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen wird.

Die Kläger tragen auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Kläger nehmen den Beklagten aus Notaramtshaftung mit dem Vorwurf in Anspruch, er habe ihnen als Käufern ggü. bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages seine Pflichten verletzt. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und ihrer dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zwar seine Pflicht verletzt, weil er die Kläger nicht über den Zwangsversteigerungsvermerk, der im Grundbuch enthalten war, informiert habe. Daraus sei den Klägern aber kein Schaden entstanden, denn sie hätten lastenfreies Eigentum erworben. Auf steuerliche Folgen habe der Beklagte nicht hinweisen müssen.

Hiergegen wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Berufung der Kläger, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen.

Die Kläger werfen dem Beklagten weiterhin vor, sie nicht ausreichend über das Risiko belehrt zu haben, das wegen der Übernahme der Pflicht zur Zahlung der Grunderwerbssteuer durch den Verkäufer im Zusammenhang mit den anderen fraglichen Vertragsgestaltungen für sie - die Kläger als Käufer - bestanden habe. Die Kläger verknüpfen dies mit dem Vorwurf, der Beklagte habe nicht nur den Zwangsversteigerungsvermerk gekannt, sondern auch die Umzugsabsicht des Verkäufers. Ihm hätte sich aufdrängen müssen, dass ein Schaden für die Kläger entstehen könne, er habe die nachteiligen Vertragsbestimmungen sogar in voller Kenntnis ihrer Schadenswahrscheinlichkeit entworfen und beurkundet und sich mithin einer Untreue strafbar gemacht.

Der Beklagte tritt dem entgegen und verweist auf die in § 8 des Vertrages dokumentierten Belehrungen. Er habe im Übrigen keine Vermögensbetreuungspflicht und müsse die Urkundsparteien nicht auf alle möglichen Gefahren einer geschäftlichen Unternehmung hinweisen. Es sei eine Lüge, dass er ihnen vorsätzlich habe Schaden zufügen wollen. Er habe seinerzeit auch nicht gewusst, dass der Verkäufer seinen Wohnsitz nach Schottland habe verlegen wollen. Der Beklagte ist auch der Ansicht, er habe die Kläger nicht über den Zwangsversteigerungsvermerk informieren müssen.

Die Kläger sind im Termin vom 10.2.2004 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen, so dass der Senat ihre Berufung auf Antrag des Beklagten mit Versäumnisurteil vom gleichen Tag zurückgewiesen hat. Dieses Urteil ist den Klägern am 24.2.2004 zugestellt worden. Die Kläger haben am 27.2.2004 Einspruch eingelegt und diesen sogleich begründet.

Sie machen nunmehr über ihren Berufungsvortrag hinaus geltend, der aus ihrer Sicht pflichtwidrig unterlassene Hinweis des Beklagten auf den eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk sei jedenfalls deshalb schadenskausal geworden, weil sie den marktüblichen Preis gezahlt hätten, obwohl dieser bei Kenntnis des Zwangsversteigerungsvermerks zu hoch gewesen sei. Verkehrsüblicherweise falle der Grundstückswert mit Eintragung eines Zwangsversteigerungsvermerks bereits unter den marktüblichen Preis.

Die Kläger behaupten zudem, der Beklagte habe bei Kaufvertragsabschluss die Überschuldung des Verkäufers gekannt. Da er auch den Zwangsversteigerungsvermerk gekannt habe, sei die Pflichtverletzung - Verschweigen des Vermerks ggü. den Klägern - vorsätzlich erfolgt, so dass er sich nun nicht mehr auf die subsidiäre Haftung berufen könne.

Die Kläger beantragen, das Versäumnisruteil des Senats aufzuheben und auf die Berufung hin das Urteil des LG Itzehoe abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 17.639,57 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes seit dem 13.7.2001 zu zahlen, hilfsweise das Versäumnisurteil aufzuheben und auf die Berufung hin das Urteil des LG abzuändern und die Klage auf Zahlung als zur Zeit unbegründet bzw. als zur Zeit nicht fällig abzuweisen.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte behaup...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?