Normenkette
GmbHG §§ 32b, 64 Abs. 2; InsO § 19; EGInsO Art. 103d
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 27.02.2009; Aktenzeichen 14 O 71/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.2.2009 verkündete Urteil Kammer für Handelssachen I des LG Kiel wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens nach einem Berufungsstreitwert von 234.707, - EUR.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter betreffend das Vermögen der x. Computer Contor Nord GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) die Beklagte als deren Geschäftsführerin auf Ersatz geleisteter Zahlungen in Anspruch.
Die Beklagte ist Alleingeschäftsführerin und -gesellschafterin der Schuldnerin, deren satzungsmäßiger Gegenstand der Handel mit EDV-Produkten ist. Am 27.6.2006 beantragte sie wegen drohender Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Sie nahm Bezug auf einen am 26.6.2006 vom Steuerberater S. erstellten Jahresabschluss für das Jahr 2005, der bei einem Gesamtumsatz von ca. 510.000, - EUR einen Verlust aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 294.961,17 EUR und einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 56.853,34 EUR ausweist. Wegen der Einzelheiten des Jahresabschlusses wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen.
Schon in den vorangegangenen Jahren hatte die Schuldnerin nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge erwirtschaftet, die sich 2002 bei einem Verlust aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von ca. 35.000 EUR auf ca. 4.600 EUR und im Jahr 2004 bei einem Verlust aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit von ca. 69.000 EUR auf ca. 22.500 EUR beliefen.
Die Schuldnerin verfügte über ein Konto bei der y. Bank, die ihr bis zum 7.2.2006 einen Kontokorrentkredit über 77.500 EUR eingeräumt hatte. Mit Vereinbarung vom 8.2.2006 erhöhte sie den Kreditrahmen auf 140.000 EUR, wobei ein Teilbetrag von 15.053,92 EUR jedoch bereits durch eine Prozessbürgschaft ausgeschöpft war. Die Beklagte hatte für diesen Kontokorrentkredit eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Im Zeitraum 1.1.2006 bis 27.6.2006 gingen Zahlungen Dritter von insgesamt 276.069,61 EUR auf diesem Konto ein, darunter am 16.6.2006 eine Einlage des Ehemannes der Beklagten über 100.000 EUR. Mit Schreiben vom 29.6.2006 kündigte die y. Bank die Geschäftsbeziehung und forderte die Schuldnerin zur Rückzahlung der fällig gestellten Kredit- und Avalforderungen i.H.v. rd. 76.000 EUR auf. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 16.8.2006 zahlte die y. Bank nach erfolgter Anfechtung einen Teilbetrag von 78.338,15 EUR an den Kläger. Die verbleibende Differenz von 197.731,46 EUR macht der Kläger mit der Klage geltend.
Die Schuldnerin verfügte über ein weiteres Konto bei der Kieler z. Bank, welches im Haben geführt wurde. Hiervon leistete die Schuldnerin im Zeitraum 1.1.2006 bis 27.6.2006 Zahlungen an Dritte i.H.v. insgesamt 36.975,54 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 13 Bezug genommen.
Am 24.8.2005 verurteilte das LG Dortmund die Schuldnerin zur Zahlung von 17.872,71 EUR an die Firma P. Franchise AG. Hiergegen legte die Schuldnerin Berufung ein. Das Berufungsverfahren ist infolge der Insolvenzeröffnung unterbrochen. Die Schuldnerin wurde weiter durch Urteil des LG Bielefeld vom 6.9.2005 zur Zahlung von 10.130,19 EUR an dieselbe Gläubigerin verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das OLG Hamm mit Urteil vom 12.7.2006 zurück.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde die Rückzahlung sowohl des Betrages von 197.731,46 EUR als auch des Weiteren Betrages von 36.975,54 EUR nach § 64 GmbHG. Aus der Jahresbilanz zum 31.12.2005 ergebe sich, dass die Schuldnerin schon zu diesem Stichtag überschuldet gewesen sei, so dass sie ab diesem Zeitpunkt keine Zahlungen mehr hätte leisten und keine Zahlungen ihrer Schuldner auf das debitorisch geführte Konto hätte zulassen dürfen. Das Sachanlagevermögen habe sich unter Zugrundelegung von Zerschlagungs-werten statt auf 33.564,50 EUR nur auf 19.335 EUR belaufen, das Vorratsvermögen sei statt mit 59.628,99 EUR mit 40.000 EUR anzusetzen. Den in der Bilanz aktivierten Ansprüchen aus den Verlust-Sonderkonten der stillen Gesellschafter, der Beklagten und ihres Ehemannes, komme kein Wert zu, weil die stillen Gesellschafter nicht nachschusspflichtig seien. So kommt er - der Kläger - im Rahmen einer Überschuldungsbewertung zu einem Aktivwert von 106.343,64 EUR. Auf der Passivseite setzt er Rückstellungen mit 61.900 EUR und Verbindlichkeiten mit 483.418,70 EUR an und gelangt so zu einer Überschuldung von rd. 440.000 EUR.
Die Schuldnerin sei darüber hinaus zum 31.12.2005 auch zahlungsunfähig gewesen. Die zu diesem Zeitpunkt fälli...