Verfahrensgang
LG L. (Urteil vom 04.12.2014; Aktenzeichen 10 O 243/13) |
Tenor
1. Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen wird auf seine Berufung das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des LG L2 vom 4.12.2014 - 10 O 243/13 - abgeändert.
a) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 22.000,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.3.2011 zu zahlen.
b) Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 3.929,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 11.10.2013 zu zahlen.
c) Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden, der ihm durch den Unfall am 1.6.2010 entstanden ist oder noch entstehen wird, und jeglichen weiteren immateriellen Schaden, der ihm durch den Unfall am 1.6.2010 noch entstehen wird, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen oder übergegangen sind.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
2. Von den Kosten beider Rechtszüge tragen der Beklagte 55 % und der Kläger 45 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Zahlung oder Hinterlegung eines Betrages von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schmerzensgeld und Verdienstausfall wegen Pflichtverletzungen aus einem Fahrschulausbildungsverhältnis in Anspruch.
Der damals 44 Jahre alte Kläger war nach erfolgreicher theoretischer Prüfung zur Erlangung eines Motorradführerscheins Klasse A, unbeschränkt, Fahrschüler des Beklagten.
Am Morgen des 01.6.2010 hatte er zunächst mit dem Motorrad Yamaha 650 EN (53 KW/72 PS) im Beisein des beklagten Fahrlehrers und des weiteren Fahrschülers N1 30-45 min auf einer ruhigen Nebenstraße im öffentlichen Straßenverkehr Anfahr- und Bremsübungen durchgeführt, ohne dass dabei Probleme auftraten. Unmittelbar anschließend sollte er als so genannte Überlandfahrt auf der Maschine zurück zu der etwa 8 km entfernt ansässigen Fahrschule des Beklagten in der L1 2 in ——- L2 fahren. Gegen 09.00 Uhr erlitt er einen schweren Unfall, als er in der B1 A1 in ——- L2 beim Anfahren aus dem Stillstand in einen Kreisverkehr zu viel Gas gab, die Kupplung zu schnell kommen ließ und dadurch die Kontrolle über das Motorrad verlor. Er überfuhr die Mittelinsel und kollidierte mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, wodurch er schwere Verletzungen erlitt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er seine Fahrstunden ausschließlich mit einer auf 25 KW/34 PS gedrosselten Maschine sonst gleichen Bautyps absolviert. Dabei war ihm bereits ein ähnlicher Fehler unterlaufen, der zwar folgenlos blieb, die Parteien aber veranlasste, jene Fahrstunde abzubrechen.
Streitig ist, ob sich dieser Beinahe-Unfall am Tag vor dem tatsächlichen Unfall zutrug, mithin am 31.5.2010, so der Kläger, oder ob zwischen den Ereignissen insgesamt sieben Fahrstunden mit praktischen Übungen und Überlandfahrten lagen, wie der Beklagte behauptet.
Der Kläger hat behauptet, der Unfall selbst sei in der dritten Doppelstunde geschehen. Bereits in der ersten Fahrstunde sei er unsicher gewesen und habe die Maschine mehrmals abgewürgt. Der Beinahe-Unfall habe sich in der zweiten Doppelstunde zugetragen. Seinen ursprünglichen Vortrag, nicht gewusst zu haben, zum Unfallzeitpunkt am 1.6.2010 eine leistungsstärkere Maschine zu fahren, hat er im Berufungsrechtszug nicht mehr aufrecht erhalten.
Der Kläger hat zur Höhe des beanspruchten Schmerzensgeldes und den zu Grunde liegenden Verletzungen wie folgt vorgetragen: Er habe eine Serienrippenfraktur, ein gebrochenes Brustbein, zwei gebrochene Rippen und einen so genannten Pneumothorax erlitten. Er habe sich unmittelbar nach dem Unfall am 1.6.2010 bis zum 14.6.2010 in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein aufhalten müssen (Anlage K 2, Bl. 17).
Zur Durchführung einer stationären Anschlussrehabilitation haben er sich in der Nordsee-Rehaklinik in St. Peter-Ording in der Zeit vom 9. bis 30.9.2010 aufgehalten (Anlage K 4 Bl. 20 d.A. 9.) Schließlich hat er eine Bescheinigung einer Wirbelsäulenpraxis L2 (Anlage K 3, Bl. 19) vom 12.11.2010 vorgelegt, wonach er eine Lumboischialgie rechts seit mehreren Wochen erlitten habe, sowie am 9.11.2010 plötzliches Auftreten einer Reiterhosensensibilitätsstörung sowie Schwäche beider Beine, so dass Gehen ohne Unterstützung nicht mehr möglich gewesen sei. Mittlerweile leide er unter einen chronischen inflamatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie, die aller Voraussicht nach, aber noch nicht nachweislich auf eine Blutspende zurückzuführen sei, die er nach dem Unfall erhalten habe. Er leide auch heute noch aufgrund des Unfalls unter Funktionsbeeinträchtigungen insbesondere ...