Entscheidungsstichwort (Thema)
Vekehrssicherungspflicht bei – unbefugter – Nutzung von Kinderspielgeräten
Leitsatz (amtlich)
1. Den Aufsteller von Kinderspielgeräten trifft eine Verkehrssicherungspflicht auch ggü. unbefugt auf sein Grundstück gelangenden und die Spielgeräte nutzenden Kindern, wenn nach den Umständen mit dem Eindringen von Kindern auf sein Grundstück und der Benutzung der Spielgeräte gerechnet werden muss.
2. Das einzuhaltende Ausmaß der Sicherung von Spielgeräten richtet sich nach dem Alter der jüngsten Kinder, die für die Benutzung in Frage kommen. Gegen auch derartigen Kindern sich aufdrängende und für diese beherrschbaren Gefahren müssen keine Sicherungen ergriffen werden.
Normenkette
BGB §§ 823, 847 a.F.
Verfahrensgang
LG Flensburg (Urteil vom 11.12.2001; Aktenzeichen 2 O 337/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 11.12.2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Flensburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 4.577,98 Euro (darin 1.500 Euro für den Feststellungsantrag).
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 ZPO a.F. abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das LG hat die Klage i.E. zu Recht abgewiesen.
Dem Kläger steht ein Anspruch gegen den Beklagten aus den §§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F. wegen des Unfalls vom 15.7.2001 im Bereich der sog. Super-Bootsrutsche des von dem Beklagten betriebenen Freizeitparks nicht zu, denn er hat nicht beweisen können, dass dieser Unfall gerade durch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten verursacht worden ist.
Allerdings hat der Beklagte hinsichtlich der Spieleinrichtungen seines Freizeitparks einen Verkehr eröffnet, der auch den seinerzeit dort unbefugt weilenden Kläger erfasst, so dass auch zu seinen Gunsten Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden mussten. Der Kläger fällt zwar nicht in jenen gewöhnlichen Nutzerkreis, der dieses Gelände über die vorgesehenen Eingangsbereiche unter Lösung einer Eintrittskarte erreicht, denn er hat als 6-jähriger Junge den Park gemeinsam mit seinem damals 8-jährigen Bruder dadurch betreten, dass er über die zwischen 1,80 Meter und 2,00 Meter hohe Umzäunung des Parkgeländes geklettert und somit illegal ohne Lösung einer Eintrittskarte auf das Gelände gelangt ist. Ausnahmsweise kommt aber ein Anspruch aus Verkehrssicherungspflichtverletzung auch dann in Betracht, wenn der Verkehr für den konkret Geschädigten durch den Sicherungspflichtigen nicht eröffnet war. Eine solche Ausnahme kann vor allem dann eingreifen, wenn es sich bei dem Opfer um ein Kind handelt. Denn es ist anerkannt, dass jeder Grundstückseigentümer wirksame und auf Dauer angelegte Schutzmaßnahmen ergreifen muss, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass Kinder – und sei es auch trotz eines Verbotes – sein Grundstück zum Spielen benutzen und die Gefahr besteht, dass sie dabei Schaden erleiden können. Muss der Grundeigentümer mit einer derartigen unbefugten Nutzung durch Kinder rechnen, dann muss er diese Nutzung entweder ausschließen oder Maßnahmen ergreifen, um Kinder vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen (BGH v. 4.5.1999 – VI ZR 379/98, MDR 1999, 996 = NJW 1999, 2364).
Im vorliegenden Fall ist das Gelände zwar von einem 1,80 Meter bis 2,00 Meter hohen Zaun umgeben, der aber beinahe in der Art einer Strickleiter ausgeführt erscheint und den zu überklettern für ein Kind von knapp 7 Jahren nicht schwierig ist. Auch der Beklagte geht davon aus, dass sein Zaun jedenfalls nicht sämtliche ungebetenen Gäste abhält, denn er hat erstinstanzlich ausdrücklich vorgetragen, sein Aufsichtspersonal sei angewiesen, Gäste des Freizeitparks insb. dann zu kontrollieren, wenn Anhaltspunkte für eine unbefugte Nutzung vorlägen. Es würden vor allem Kinder kontrolliert, die allein und ohne Aufsicht auf dem Gelände des Freizeitparks herumlaufen. Auch in der Berufungserwiderung wird eingeräumt, das unbefugte Betreten könne letztendlich nicht vollständig verhindert werden. Muss danach aber mit Kindern gerechnet werden, die das Gelände auf diese Weise unbefugt betreten, dann muss der Beklagte als Betreiber des Parks auch für diesen Nutzerkreis – wenngleich die Nutzung verboten und nicht eröffnet ist – Maßnahmen ergreifen, um diese Kinder vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit im Zusammenhang mit dem Umgang der dort aufgestellten Spielgeräte zu schützen.
Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung des Senats ist davon auszugehen, dass das fragliche Spielgerät – das sich nach den Ausführungen des Beklagten in einem ggü. dem Unfalltag im Wesentlichen unveränderten Zustand befindet – jedenfalls nicht gänzlich den Anforderungen an die Verkehrssicherheit entspricht.
Die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht bei Nutzung von Spielgeräten durch Kindern sind besonders hoch. Wer solche Spielgeräte zur Verfügung stellt und gerade Kin...