Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 15.11.1991; Aktenzeichen 3 O 1168/91-K 293) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15. November 1991 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt 12.000,– DM.
Gründe
Die Berufung des Klägers gegen das am 15. November 1991 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe ist innerhalb der gesetzlichen Fristen eingelegt und begründet worden und damit zulässig. In der Sache selbst hat sie jedoch keinen Erfolg.
Von vornherein unbegründet ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch insoweit, als er im Rahmen der Berufungsinstanz erstmals begehrt, den Beklagten dahingehend zu verurteilen, insbesondere dadurch Vorsorge zu treffen, daß keine Distelsamen von seinen Ländereien auf die Ländereien des Klägers verweht werden, daß der Beklagte auf seinen an die Ländereien des Klägers angrenzenden Landflächen die Disteln vor der Samenreife, spätestens im Juli eines jeden Jahres und nach Bedarf im Spätsommer und Frühherbst noch einmal abmäht. Denn nach § 1004 BGB – nichts anderes kann auch für etwa konkurrierend in Frage kommende Anspruchsgrundlagen gelten – können nicht bestimmte Abwehrmaßnahmen verlangt werden (BGH, NJW 1977/146; vgl. Palandt, BGB, 51. Aufl., § 1004 Randziffer 26). Abweichendes würde vorliegend allenfalls dann gelten, wenn ausschließlich die hier begehrte Abmaht eine geeignete Maßnahme darstellen würde, den angestrebten Erfolg, nämlich die Verhinderung des Über flugs von Distelsamen, zu erreichen. Das ist jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr spricht bereits die Formulierung des Klagantrages selbst dafür, daß auch der Kläger das Abmähen der Distel nur als eine von mehreren Möglichkeiten ansieht. Tatsächlich könnte denn der gleiche Effekt auch dadurch erzielt werden, daß der Beklagte die betroffenen Flächen seines Grundstückes umpflügt oder ähnliche Vorsorgemaßnahmen trifft.
Aber auch hinsichtlich des kumulativ geltend gemachten weiter gefaßten Abwehranspruches des Klägers gegen den Beklagten hat die Berufung keinen Erfolg, da das Landgericht zu Recht entschieden hat, daß dem Kläger entsprechende Abwehransprüche nicht zustehen.
Insbesondere tritt der Senat der Auffassung des Landgerichts bei, daß solche Ansprüche vorliegend nicht aus § 1004 Abs. 1 BGB hergeleitet werden können. Danach kann ein Eigentümer auf Unterlassung klagen, wenn zu besorgen ist, daß sein Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt werden wird. Diese Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung des Klägers im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Dabei ist das Landgericht in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung davon ausgegangen, daß von Beeinträchtigungen im vorbezeichneten Sinne immer dann nicht gesprochen werden kann, wenn die Einwirkungen auf das belastete Grundstück ausschließlich auf Naturkräfte zurückgehen. In einem solchen Fall reicht der bloße Umstand des Eigentums oder des Besitzes an demjenigen Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht, nicht aus, den Eigentümer oder Besitzer dieses Grundstückes als Störer im Sinne des § 1004 BGB und die jeweilige Einwirkung als „Beeinträchtigung” im Sinne der vorbezeichneten Vorschrift anzusehen. Vielmehr muß die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf dem Willen des Eigentümers bzw. Besitzers des Grundstückes, von dem durch Naturereignisse ausgelöste Störungen ausgehen, beruhen. Diesem sind Einwirkungen mithin nur dann zuzurechnen, wenn er sie durch eigene Handlungen ermöglicht hat oder die Einwirkungen erst durch ein pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt worden sind (vgl. BGH, NJW 1984, 2207, 2209; NJW 1985, 1773, 1774; WM 1991, 1609, 1610; vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 144, 145; LG Stuttgart, MDR 1965, 990 f gleich RdL 1965, 22, 23/24; NJW 1980, 2087; Palandt aaO § 1004 Randziffer 6; noch weitergehend Engel, NUR 1982, 245, 247). Von diesem Grundsatz gehen auch die vom Kläger zitierten obergerichtlichen Entscheidungen (OLG Karlsruhe, RdL 1972, 8, 10 gleich MDR 1971, 926; OLG Celle, NJW-RR 1986, 821, 822) aus. Das OLG Karlsruhe hat allein – nur insoweit beinhaltet die vorerwähnte Entscheidung eine Besonderheit – aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis eine Handlungspflicht abgeleitet, die dazu führt, daß es die Einwirkung auf das Grundstück des dortigen Klägers als durch „ein pflichtwidriges Unterlassen” des dortigen Beklagten herbeigeführt angesehen hat. Ob dieser Rechtsauffassung, die letztlich über einzelfallbezogene Billigkeitsgesichtspunkte aus dem für derartige Fälle nicht vorgesehen Rechtsinstitut des „nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses” eine Handlungspflicht ableitet, zu folgen ist oder nicht, kann hier indes dahinstehen. Denn aus der erwähnten Entscheidung des OLG Karlsruhe ergibt sich, daß dieser ein Fall zugrunde lag, in dem in einer ausgesprochenen Wohn...