Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsanspruch bei Einkommensdifferenz wegen Erwerbstätigenbonus
Leitsatz (redaktionell)
Ein Unterhaltsanspruch besteht auch dann, wenn die Einkommensdifferenz ausschließlich darauf beruht, dass der Erwerbstätigenbonus in Abzug gebracht worden ist.
Normenkette
BGB § 1573
Verfahrensgang
AG Kiel (Urteil vom 29.02.2008; Aktenzeichen 58 F 279/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG - Familiengericht - Kiel vom 29.2.2008 teilweise geändert und im Ganzen wie folgt gefasst:
Der am 27.5.2004 vor dem AG Kiel geschlossene Vergleich (52 F 252/03) wird unter Klagabweisung im Übrigen dahingehend geändert, dass der Kläger an die Beklagte folgenden nachehelichen Unterhalt zu zahlen hat:
vom 1.7. bis zum 31.12.2006 monatlich 72,44 EUR,
vom 1.1. bis zum 30.6.2007 monatlich 57,60 EUR,
vom 1.7. bis zum 31.12.2007 monatlich 59,60 EUR.
Für die Zeit ab 1.1.2008 schuldet der Kläger der Beklagten keinen nachehelichen Unterhalt mehr.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges werden gegeneinander aufgehoben.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien sind seit dem 10.2.2004 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe ist der Sohn H. K., geboren am 11.8.1991, hervorgegangen. Durch gerichtlichen Vergleich vom 27.5.2004 - 52 F 252/03 AG Kiel - verpflichtete sich der Kläger, der Beklagten einen nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 167 EUR zu zahlen. Der Kläger begehrt eine Änderung des Vergleiches dahingehend, dass er der Beklagten keinen Unterhalt mehr schuldet.
Der Kläger befand sich schon zur Zeit des Abschlusses des Vergleiches im Ruhestand und bezieht ein Ruhegehalt. Die Beklagte hat schon während der Ehezeit bei der GMSH, Zweigniederlassung Kiel, Teilzeit gearbeitet. Seit Mai 2006 arbeitet sie Vollzeit bei der GMSH.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt, die Ziff. 1) des am 27.5.2004 geschlossenen Vergleichs dahin abzuändern, dass er der Beklagten ab 1.7.2006 keinen Unterhalt mehr schuldet.
Die Beklagte hat eine Reduzierung ihres Unterhaltsanspruchs auf 110,91 EUR monatlich anerkannt und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.
Das AG hat den am 27.5.2004 geschlossenen gerichtlichen Vergleich dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab 1.7.2006 der Beklagten keinen Unterhalt mehr schuldet. Es hat u.a. ausgeführt, dass das Arbeitseinkommen der Beklagten das Pensionseinkommen des Klägers übersteige. In einer solchen Situation könne nicht rechnerisch ein Einkommensgefälle zu Ungunsten der Beklagten herbeigeführt werden, dass der Kläger auszugleichen habe. Der dem berufstätigen Teil grundsätzlich gebührende Erwerbstätigenbonus könne nicht dazu verwandt werden, eine Differenz zwischen den Einkünften der Parteien überhaupt erst herzustellen. - Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das amtsgerichtliche Urteil verwiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Die Beklagte trägt vor, die Einmalzahlungen in den Monaten Juli, November und Dezember 2006 müssten auf das gesamte Jahr 2006 umgelegt werden. Es ergebe sich dann für die Zeit von Juli bis Dezember 2006 ein monatliches Einkommen i.H.v. 1.551,70 EUR.
Ihr Einkommen sei um den Erwerbstätigenbonus zu bereinigen. Der Bedarf des Unterhaltsberechtigten bestimme sich zu 3/7 der Arbeitseinkommen des Unterhaltsverpflichteten, falls der Unterhaltsberechtigte über kein eigenes Einkommen verfüge, oder zu 3/7 des Unterschiedsbetrages des Arbeitseinkommens des Verpflichteten und des Berechtigten. Bei der Ermittlung ihres Bedarfs sei der Erwerbstätigenbonus auf Grund der von ihr ausgeübten Erwerbstätigkeit abzuziehen. Bereits im Rahmen des gerichtlichen Vergleiches vom 27.5.2004 sei der Erwerbstätigenbonus berücksichtigt worden. Weshalb dies nunmehr unberechtigt sein solle, erschließe sich ihr nicht.
Die Beklagte beantragt, den am 27.5.2004 vor dem AG Kiel geschlossenen Vergleich dahingehend zu ändern, dass der Kläger an sie folgenden nachehelichen Unterhalt zu zahlen hat:
vom 1.7. bis zum 31.12.2006 monatlich 73,17 EUR,
vom 1.1. bis zum 30.6.2007 monatlich 57,60 EUR,
vom 1.7. bis zum 31.12.2007 monatlich 59,60 EUR,
ab 1.1.2008 monatlich 0 EUR.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger erwidert, die Aufwendungen für die Anmietung eines Parkplatzes seien im unterhaltsrechtlichen Sinne als berufsbedingte Aufwendungen irrelevant. Einmalzahlungen seien unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen, und zwar in dem Zeitraum, in dem sie zugeflossen seien. Allein entscheidend sei aber, dass entgegen der Auffassung der Beklagten ihr Einkommen nicht um den Erwerbstätigenbonus zu bereinigen sei. Wenn allein durch die Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus auf Seiten einer vermeintlich Unterhaltsberechtigten ein Bedarf gleichsam konstruiert werde, dann führe dies nicht zu einem Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den...