Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflichtteilsergänzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Berechnung des Pflichtteils des Hoferben am hoffreien Vermögen ist der Hof nur mit dem Hofwert – nicht aber mit dem Verkehrswert – zu veranschlagen
2. Soweit ein pflichtteilsberechtigter Erbe nach § 2328 BGB die Ergänzung des Pflichtteils verweigert, muss er sich ein Eigengeschenk nicht anrechnen lassen, da diese Geschenk bereits bei der Ermittlung des Ergänzungsanspruchs berücksichtigt wurde. Eine Anrechnung des Eigengeschenks hat aber zu erfolgen, wenn der pflichtteilsberechtigte Miterbe selbst den Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht.
Normenkette
BGB § 530 ff., §§ 2325, 2325 Abs. 3, § 2326 S. 1, §§ 2327-2328; HöfeO § 12 Abs. 2, § 16 Abs. 2 S. 1, § 17 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Flensburg (Urteil vom 20.06.2000; Aktenzeichen 2 O 165/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. Juni 2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, wegen einer Forderung der Klägerin in Höhe von 21.092,45 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. April 2000 die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von D. Blatt 45 eingetragene Grundstück zu ihren Gunsten zu dulden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer liegt unter 60.000 DM.
Gründe
Die Berufung hat Erfolg.
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Pflichtteilsergänzungsanspruch entgegen der Auffassung des Landgerichts zu.
Nach § 2329 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte, soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrages nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Bei Sachgeschenken – wie hier – ist die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den geschenkten Gegenstand zu richten (Staudinger/Olshausen BGB 13. Bearb. § 2329 Rn. 22). Die Haftung des Beschenkten ist subsidiär (Paland/Edenhofer BGB 60. Aufl. § 2329 Rn. 2). Der Beschenkte ist nur ausnahmsweise (subsidiär) Schuldner des Ergänzungsanspruchs, soweit er nicht der Erbe ist, sei es, dass der Nachlaß überschuldet oder nicht aktiv ist, sei es, dass der Erbe die Einrede aus § 2328 BGB erhoben hat (Erman/Schlüter BGB 10. Aufl. § 2329 Rn. 1). Die zu ½ testamentarisch als Erbin eingesetzte G. O. (im Folgenden: Frau O.) – wäre im Falle gesetzlicher Erbfolge als Tochter der Erblasserin – diese hatte fünf Kinder – selber pflichtteilsberechtigt. Sie könnte, wenn ihr nur die Hälfte des gesetzlichen Erbteils hinterlassen worden wäre, als Pflichtteilsberechtigte nach § 2326 S. 1 BGB Ergänzung des Pflichtteils verlangen. Ist der Erbe – wie hier Frau O. – selbst pflichtteilsberechtigt, so kann er gem. § 2328 BGB die Ergänzung des Pflichtteils soweit verweigern, dass ihm sein eigener Pflichtteil mit Einschluß dessen verbleibt, was ihm zur Ergänzung des Pflichtteils gebühren würde. Gegenüber dem Pflichtteilsergänzungsanspruch gewährt § 2328 BGB dem selbst (in abstrakto) Pflichtteilsberechtigten ein Leistungsverweigerungsrecht insoweit, als er diesen Anspruch nur mit denjenigen Beträgen befriedigen muß, welche ihm vom Nachlaß und etwa selbst erhaltenen Schenkungen verbleiben, nachdem a. sein eigener ordentlicher Pflichtteil und b. darüber hinaus auch der Betrag, den er etwa selbst als Ergänzung des Pflichtteils nach §§ 2325 – 2327 BGB zu fordern berechtigt wäre, vollständig gedeckt ist. Dieses Leistungsverweigerungsrecht besteht nur gegenüber dem Ergänzungsanspruch und nicht gegenüber dem Anspruch auf den ordentlichen Pflichtteil (Staudinger/Olshausen a.a.O. § 2328 Rn. 9). Die Einrede des § 2328 BGB führt dazu, dass der pflichtteilsberechtigte Erbe als beatus possidens gegenüber anderen Pflichtteilsberechtigten bevorzugt wird. Er erhält den Pflichtteil einschließlich der Ergänzung vorweg aus dem Nachlaß und verweist die übrigen Ergänzungsberechtigten, zu deren Befriedigung der verbleibende Rest des Nachlasses nicht ausreicht, an den Beschenkten (M.-K./Frank BGB 3. Aufl. § 2328 Rn. 2).
Unstreitig hatte der Nachlaß zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin – 20. März 1999 – einen Wert von 75.911,37 DM, sodass der ordentliche Pflichtteil der Klägerin – (1/10) davon – 7.591,14 DM beträgt.
Unstreitig sind weiterhin Schenkungen der Erblasserin im Werte von 257.285,– DM (an Enkel A. St. 7.000,– DM + Enkelin A. L. 6.000,– DM + Frau O. 39.500,– DM + Schenkungsanteil an Grundstück D. 204.785 DM). Davon würde sich ein Pflichtteilsergänzungsanspruch (1/10) auf 25.728,50 DM errechnen, sodass der Klägerin unstreitig Pflichtteilsansprüche in Höhe von 33.319,64 DM (7.591,14 DM ordentlicher Pflichtteil + 25.728,50 DM Ergänzungspflichtteil) zustehen würden.
Das Landgericht meint nun. Frau O. müsse sich gem. § 2327 Abs. 1 Satz 1 BGB ihr Eigengeschenk in Höhe von 39.500,– DM anrechnen lassen und weist deshalb die Klage ge...