Leitsatz (amtlich)

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auch die für eine bestimmte Zahl von Verträgen entworfenen Vertragsbedingungen, wobei das AGB-Gesetz bereits im ersten Verwendungsfall gilt.

Zu den Voraussetzungen einer Individualvereinbarung.

 

Orientierungssatz

Vertragsstrafenklausel und Verstoß gegen AGBG.

 

Normenkette

AGBG § 9; BGB § 340 Abs. 2, § 341 Abs. 2, § 343; AGBG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Aktenzeichen 2 O 283/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. März 1999 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin auf die Widerklage verurteilt wird, an den Beklagten 10.165,37 DM nebst 4 % Jahreszinsen seit dem 16. April 1998 zu zahlen.

Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des ersten Rechtszugs. Von den Kosten des zweiten Rechtszugs trägt die Klägerin 98 % und trägt der Beklagte 2 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Klägerin im Wert von 50.000,00 DM und den Beklagten im Wert von 862,50 DM.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist nur im Hinblick auf den im Senatstermin erklärten Verzicht des Beklagten auf einen Teil seiner Widerklageforderung in Höhe von 862,50 DM begründet; das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, die weiteren Beträge der Widerklageforderung sind im zweiten Rechtszug unstreitig geworden.

Die Vertragsstrafenklausel ist wegen Verstoßes gegen § 9 AGB-Gesetz unwirksam. Dafür, dass es sich bei den Klauseln des Subunternehmervertrags und mithin der Vertragsstrafenregelung um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, spricht schon die Ausgestaltung des Vertrags: Der Vertrag ist so formuliert, dass er auf jede Art von Subunternehmervertrag der Klägerin passt. Als Vertragspartner der Klägerin wird im Vertragstext nicht explizit der Beklagte genannt, sondern in den einzelnen Klauseln wird allgemein von Subunternehmer und Vertragspartner gesprochen. Der Beklagte taucht namentlich lediglich im Anschriftenfeld, im Betreff und in der Unterschriftenzeile auf. Auch die speziell vom Beklagten ausgeübte Tätigkeit für die Klägerin wird nur allgemein mit „Gewerke” bezeichnet, was auch auf alle weiteren im Vertrag aufgeführten Arten von Subunternehmern der Klägerin passt. Die äußere Form des Vertrags entspricht mithin einem vorgefertigten Formular, in das nur der jeweilige Subunternehmer eingesetzt werden muss.

Die Klägerin hat das nunmehr mit der Einreichung des Subunternehmervertrags mit dem Maurer, der inhaltlich völlig identisch ist, quasi eingeräumt; der Vertrag mit dem Elektriker ist zwar teilweise etwas anders formuliert, inhaltlich aber überwiegend gleich, insbesondere was die Vertragsstrafenregelung von 50.000,00 DM betrifft, Änderungen sind nur marginaler Art. Die Vernehmung der früheren Geschäftsführerin der Klägerin, der Zeugin R hat gleichfalls ergeben, dass es sich bei dem Subunternehmervertrag um vorformulierte Vertragsbedingungen handelt; die Zeugin hat ausgesagt, dass sie Subunternehmerverträge gekannt und Sätze aus einem solchen Vertrag herausgenommen und am Computer für die Verträge mit den Subunternehmern der Klägerin zusammengestellt habe. Die Vertragsstrafenregelung ist mithin von vornherein für mehrere Verträge erstellt worden; Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auch die für eine bestimmte Zahl von Verträgen entworfenen Vertragsbedingungen, wobei das AGB-Gesetz bereits im ersten Verwendungsfall gilt.

Die Klägerin hat nicht gemäß § 1 Abs. 2 AGB-Gesetz zu beweisen vermocht, dass sie die Vertragsstrafe mit dem Beklagten im einzelnen ausgehandelt habe; vielmehr hat die Vernehmung der Zeugin R das Gegenteil ergeben, die Zeugin wörtlich: „Ich habe mit dem Beklagten gesprochen, mein Mann hat sich dazugesetzt; wir sprachen über die Konditionen seines Angebots. Wir fragten nochmal, ob er mit den Punkten des Vertrags einverstanden sei, dass er die Kunden nicht selbst ansprechen dürfe, dass wir eine Vertragsstrafe in dieser Höhe festsetzen. Er war mit der Vertragsstrafe einverstanden. Wir sprachen darüber, ob er mit dieser Summe einverstanden sei; mehr ist darüber nicht gesprochen worden. Der Betrag der Vertragsstrafe ist gesagt worden. Was soll ich denn dann noch gesagt haben? Ich habe gesagt, dass die Vertragsstrafe 50.000,00 DM sei und ob er damit einverstanden sei.”

Das mag aus der Sicht des Nichtjuristen ein Aushandeln sein, genügt aber nicht für eine Individualvereinbarung nach § 1 Abs. 2 AGB-Gesetz. Denn danach hätte die Klägerin ihre Bereitschaft erkennen lassen müssen, die Vertragsstrafenklausel abzuändern. § 1 Abs. 2 AGB-Gesetz ist nur anwendbar, wenn es zu einem wirklichen Aushandeln gekommen ist; dabei bedeutet Aushandeln mehr als bloßes Verhandeln. Die Klägerin hätte den gesetzesfremden Kerngehalt ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen und dem Beklagten Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interesse einräumen müssen; sie hätte dem Beklagten die Möglichkeit g...

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