Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 14.07.2023; Aktenzeichen 12 O 268/22) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, das am 14. Juli 2023 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Januar 2023 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von seinen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von weiteren 250,71 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug trägt der Kläger 75 % und die Beklagte 25 %. Von den Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug trägt der Kläger 67 % und die Beklagte 33 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Höhe des Nutzungsausfallschadens nach einem Verkehrsunfall.
Bei einem Unfall am 11. Oktober 2021 ... wurde der ca. 12 Jahre alte Ford Transit Euroline/Nugget des Klägers (amtliches Kennzeichen ...) durch ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug beschädigt. Die Haftung der Beklagten für die Unfallfolgen ist nicht im Streit.
Das Fahrzeug des Klägers war auch durch eine Notreparatur nicht mehr in einen verkehrssicheren Zustand zu bringen. Der Kläger gab ein Sachverständigengutachten bei der L. GmbH in Auftrag, das am 26. Oktober 2021 fertiggestellt wurde. Der Sachverständige L. ging in dem Gutachten von einer voraussichtlichen Reparaturdauer von 10 bis 12 Tagen aus. Am 27. Oktober 2021 wandte sich der Kläger mit der Bitte um einen Werkstatttermin per E-Mail an die F-GmbH in Kiel (im Folgenden "Werkstatt"). Am 2. November 2021 beauftragte er diese mit der Reparatur des Fahrzeugs. Am 8. November 2021 versicherte die Werkstatt auf Anfrage des Klägers, dass die Reparatur eingeplant sei und die benötigten Teile bereits bestellt seien. Er werde von der Werkstatt zurückgerufen, sobald die Ersatzteile eingetroffen seien.
Am 2. April 2022 sendete die Werkstatt dem Kläger eine E-Mail mit folgendem Inhalt:
"der Reparaturauftrag für das Fahrzeug ... wurde am 02.11.2021 erteilt. Die Ersatzteile wurden zu diesem Zeitpunkt bestellt. Die Reparaturarbeiten konnten erst am 02.02.2022 begonnen werden, da die Längsträger erst im Werk bei Ford für ihr Fahrzeug gefertigt wurden. Die am 15.03.2022 bestellten Teile bei Westfalia sollen voraussichtlich in der KW 14 geliefert werden."
Mit einem an den Kläger adressierten Nachtrag vom 23. Juni 2022 legte der Sachverständige L. dar, dass die Reparatur sich als aufwendiger darstelle, als zunächst angenommen. Am 14.08.2022 war das Fahrzeug vollständig repariert und stand dem Kläger wieder zur Verfügung. Die Beklagte erstattete dem Kläger einen materiellen Schaden in Höhe von 33.055,30 EUR. Dieser umfasste keine Nutzungsausfallentschädigung. Außerdem zahlte die Beklagte vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.626,49 EUR.
Der Kläger hat mit der Klage neben weiteren vorgerichtlichen Anwaltskosten den Nutzungsausfallschaden für 307 Tage a 65,00 EUR, mithin 19.955,00 EUR, geltend gemacht. Er hat behauptet, er nutze das Fahrzeug als Alltagsfahrzeug, insbesondere für seinen täglichen Arbeitsweg. Die lange Reparaturdauer sei darauf zurückzuführen, dass aufgrund diverser Lieferschwierigkeiten erst am 02.02.2022 mit der Reparatur des Fahrzeugs habe begonnen werden können. Angesichts der erheblichen Beschädigungen habe sich die Reparatur in der Folge schwieriger gestaltet als zunächst angenommen. Während der Dauer der Reparatur habe er sich regelmäßig nach dem Stand der Reparatur erkundigt.
Die Beklagte hat behauptet, es sei davon auszugehen, dass der Kläger sein Fahrzeug nicht als Privatfahrzeug, sondern als Wohnmobil nutze. Folglich stehe ihm ein Nutzungsausfallschaden nicht zu.
Das Landgericht hat nach Anhörung des Klägers der Klage teilweise stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger das Fahrzeug auch als Alltagsfahrzeug genutzt habe, nämlich für den täglichen Arbeitsweg. Der Kläger könne für 307 Tage den Nutzungsausfall beanspruchen. Verzögerungen bei der Durchführung der Reparatur, die nicht vom Geschädigten zu vertreten seien, gingen zu Lasten des Schädigers. Aus der persönlichen Anhörung des Klägers sowie auch aus den Darstellungen des Privatgutachters Loof folge, dass die Verzögerung insbesondere aufgrund diverser Lieferproblematiken bei den Einzelteilherstellern, der zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden Coronapandemie sowie im Laufe der Reparatur weiteren, erst später entdeckten Mängeln zustande gekommen sei. Allerdings sei für das Fahrzeug aufgrund seines Alters ein Nutzungswert von 50 EUR pro Tag statt beantragter 65 EUR pro Tag zugrunde zu legen. Infolgedessen hat das Landgericht statt beantragter 19.955 EUR dem Kläger nur 15.350 EUR zugesprochen.
Wegen der weiteren Einzelhei...