Leitsatz (amtlich)
Anders als Versicherungsvertreter dürfen Versicherungsmakler für ihre Auftraggeber in weitergehendem Umfang – auch unter Verwendung von Formularen – Kündigungshilfe leisten; die Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft gelten insoweit nicht.
Orientierungssatz
Kündigungshilfe durch Versicherungsmakler
Normenkette
UWG § 1
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 30.12.1998; Aktenzeichen 14 O 133/98) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 30. Dezember 1998 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Kiel (14 O 133/98) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Klägerin wird auf 50.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I. Der Beklagte betrieb als selbständiger Handelsvertreter eine Hauptvertretung der Klägerin. Das Vertragsverhältnis wurde durch Aufhebungsvereinbarung im gegenseitigen Einvernehmen mit Wirkung zum 31. Dezember 1996 aufgehoben. Seither ist der Beklagte als Versicherungsmakler tätig. In dieser Eigenschaft hat er sich (auch) an Versicherungsnehmer der Klägerin gewandt und mit diesen den bestehenden Versicherungsschutz erörtert. Bei entsprechendem Interesse der Versicherungsnehmer ließ der Beklagte sich sodann Vollmachtsurkunden unterzeichnen, die ihn – nach jeweiliger Weisung der Auftraggeber – zur Kündigung bestehender sowie zum Abschluß neuer Versicherungsverträge ermächtigten. Er informierte die von ihm beratenen Kunden über bestehende Kündigungsmöglichkeiten und ließ sich von ihnen formularmäßig vorbereitete Kündigungserklärungen unterschreiben.
Die Klägerin hält diese Kündigungshilfe für wettbewerbswidrig. Sie verlangt deshalb Unterlassung und – im Wege der Stufenklage – zur Vorbereitung einer Schadensersatzklage Auskunft über den Umfang des Verstoßes gegen das begehrte Unterlassungsgebot.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe nebst aller darin enthaltenen Verweisungen Bezug genommen wird, die Klage insgesamt – auch hinsichtlich der angekündigten weiteren Antrag der Stufenklage – abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Antragsprogramm weiterverfolgt. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Im übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1.) Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht darauf abgestellt, daß wegen der besonderen Stellung des Versicherungsmaklers in Bezug auf seine Kunden hier die Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft über die unzulässige Kündigungshilfe (Ziff. 56 a – abgedruckt in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., Anh. XII zu § 3 UWG –) weder direkt noch entsprechend Anwendung finden können.
Versicherungsvermittler sind diejenigen, die kraft rechtsgeschäftlicher Geschäftsbesorgungsmacht für einen anderen Versicherungsschutz ganz oder teilweise beschaffen, ausgestalten und abwickeln, ohne selbst Versicherungsnehmer oder Glied eines Versicherers zu sein. Der BGH hat die Pflichten des Versicherungsmaklers wie folgt beschrieben:
„Er wird regelmäßig vom Versicherungsnehmer beauftragt und als sein Interessen- oder sogar Abschlußvertreter angesehen. Er hat als Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers individuellen, für das betreffende Objekt passenden Versicherungsschutz auch kurzfristig zu besorgen. Deshalb ist er anders als sonst der Handels- oder Zivilmakler dem ihm durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag verbundenen Versicherungsnehmer gegenüber üblicherweise sogar zur Tätigkeit, meist zum Abschluß des gewünschten Versicherungsvertrages verpflichtet. Dem entspricht, daß der Versicherungsmakler von sich aus das Risiko untersucht, das Objekt prüft und den Versicherungsnehmer als seinen Auftraggeber ständig, unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Zwischen- und Endergebnisse seiner Bemühungen, das aufgegebene Risiko zu plazieren, unterrichten muß. Wegen dieser umfassenden Pflichten kann der Versicherungsmakler für den Bereich der Versicherungsverhältnisse des von ihm betreuten Versicherungsnehmers als dessen treuhänderähnlicher Sachwalter bezeichnet und insoweit mit sonstigen Beratern verglichen werden. Das gilt trotz der in vielen Ländern gleichförmig bestehenden Übung des Versicherungsvertragsrechts, wonach die Provision der Versicherungsmakler vom Versicherer getragen wird …” (BGHZ 94, 356, 359 m. w. N.; Zopfs, VersR 1986, 747; Benkel/Reusch VersR, 1992, 302, 1304).
Diesem vom BGH entwickelten Rechts- und Pflichtenkreis des selbständigen Versicherungsmaklers entspricht der Maklervertrag, den der Beklagte mit seinen Kunden zu schließen pflegt (vgl. Bl. 30).
Anders als der an eine oder mehrere Versicherungen gebundene Versicherungsvertreter ist der Versicherungsmakler mithin Sachwalter allein der Interesse...