Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Vorabentscheidung des Berufungsgerichts über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 718 ZPO lässt sich ein erstinstanzlich nicht gestellter Antrag zum Ausschluss der Abwendungsbefugnis bzw. der Sicherheitsleistung (§§ 711 Satz 2, 710 ZPO) nachholen.

 

Orientierungssatz

Vorabentscheidung über vorläufige Vollstreckbarkeit eines Unterhaltstitels.

 

Normenkette

ZPO § 710 S. 1, §§ 711, 718

 

Verfahrensgang

AG Itzehoe (Aktenzeichen 72 F 64/00)

 

Tenor

Auf Antrag der Klägerin wird das am 19. Oktober 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Itzehoe im Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit teilweise geändert.

Das Urteil ist für die Zeit vom 23. März bis zum 17. April 2001 in voller Höhe unbedingt vorläufig vollstreckbar.

Für die Zeit ab 18. April 2001 ist das Urteil in Höhe eines Betrages von monatlich 600 DM unbedingt vorläufig vollstreckbar.

In dem genannten Umfang und für die genannten Zeiträume entfällt für den Beklagten die Möglichkeit, die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Für die Klägerin entfällt die Verpflichtung, vor der Vollstreckung Sicherheit zu leisten.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten mit wechselseitigen Berufungen um die Berechtigung der von der Klägerin erhobenen Forderung auf Zahlung von Trennungsunterhalt. Im ersten Rechtszug hat die Klägerin vom Beklagten beginnend ab Februar 2000 einen laufenden Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 2.249,62 DM gefordert sowie die Zahlung eines Unterhaltsrückstandes in Höhe von 17.996,96 DM. Der Beklagte hat sich auf Leistungsunfähigkeit berufen. Das Amtsgerichts – Familiengericht – Itzehoe hat durch das am 19. Oktober 2000 verkündete Urteil der Klage teilweise stattgegeben. Es hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 10.520 DM nebst Zinsen zu zahlen sowie ab Februar 2000 einen laufenden Trennungsunterhalt von monatlich 1.315 DM und ab Juni 2000 einen solchen in Höhe von monatlich 1.580 DM. Die weitergehende Klage hat das Amtsgericht unter Kostenaufhebung abgewiesen. Es hat das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt und dem Beklagten gestattet, die Vollstreckung wegen des laufenden Unterhalts durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden. Es hat ausgesprochen, dass diese Abwendungsbefugnis entfällt, falls die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Im Berufungsrechtszug geht es der Klägerin zunächst darum, vorab eine Entscheidung über eine Änderung des Ausspruches über die vorläufige Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils herbeizuführen. Sie behauptet, sie sei zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage, müsse diese Sicherheit jedoch erbringen, weil der Beklagte zur Abwendung der Vollstreckung die ausgeurteilten Beträge hinterlege. Sie sei auf den ausgeurteilten Trennungsunterhalt zur Sicherung ihres Lebensunterhalts angewiesen.

Die Klägerin beantragt,

das amtsgerichtliche Urteil hinsichtlich des rückständigen und laufenden Unterhalts für uneingeschränkt vorläufig vollstreckbar zu erklären, also die vom Amtsgericht ausgeurteilte Abwendungsbefugnis des Beklagten durch Sicherheitsleistung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

diesen Antrag zurückzuweisen.

Er meint, das Amtsgericht habe zu Recht die Regelung über die Abwendungsbefugnis in den Tenor der angefochtenen Entscheidung aufgenommen. Im übrigen verweist er darauf, dass – unstreitig – die Klägerin Mitte April 2001 eine Arbeit aufgenommen habe und eigene Einkünfte erziele. Sollte er – der Beklagte – einer Vollstreckung ohne Abwendungsbefugnis ausgesetzt werden, so müsse er befürchten, möglicherweise zu Unrecht beigetriebene Beträge nicht wieder zurückverlangen zu können.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag, über die vorläufige Vollstreckbarkeit vorab zu entscheiden, ist teilweise begründet. Über ihn ist im Verfahren gemäß § 718 ZPO nach mündlicher Verhandlung durch Teilurteil zu befinden. Ob § 718 ZPO dabei nur der Korrektur einer vorinstanzlich fehlerhaften Entscheidung und der Anpassung an später veränderte Umstände dient (so etwa Zöller-Herget, ZPO, 22. Aufl., Rn. 1 zu § 718) ist dabei umstritten. In der Rechtsprechung (vgl. etwa OLG Frankfurt FamRZ 1990, 539 f mwN) und Literatur (Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., Rn. 29 zu § 620) wird die Auffassung vertreten, im Rahmen des § 718 ZPO ließe sich ein erstinstanzlich nicht gestellter Antrag zum Ausschluß der Abwendungsbefugnis bzw. der Sicherheitsleistung (§§ 711 Satz 2, 710 ZPO) nachholen. Dieser Auffassung hat sich der Senat bereits in seinem den Parteien bekannten Beschluß über die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung des Familiengerichts Itzehoe vom 11. Januar 2001 (Beschluß vom 19. März 2001) angeschlossen.

Der zulässige Antrag der Klägerin ist zum Teil begründet. Nach § 710 Satz 1 ZPO ist ein Urteil auf Antrag auch ohne Sicherheitsle...

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