Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Verhandeln i.S.d. § 203 BGB bei schlichter Entgegennahme eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags ohne Äußerung
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff der Verhandlungen i.S.d. § 203 BGB ist zwar weit auszulegen. Eine Verjährungshemmung beginnt aber nicht bereits dann, wenn der Anwalt einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag in der mündlichen Verhandlung lediglich kommentarlos zur Weiterreichung an seinen Mandanten entgegennimmt, andererseits jedoch streitig zur Sache verhandelt.
Normenkette
BGB § 203
Verfahrensgang
LG Lübeck (Urteil vom 01.11.2005; Aktenzeichen 11 O 98/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 1.11.2005 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen II des LG Lübeck wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen entstandener Schäden bei der Befüllung eines Heizungstankes in Anspruch. Mit rechtskräftigem Urteil des LG Lübeck vom 4.2.2005 zu dem Az.: 5 O 165/02 ist ihr ein dort nur geltend gemachter Teilschaden zugesprochen worden. Die vorliegende Klage betrifft einen weiteren Teilschaden. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien I. Instanz und ihrer dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat die Klage wegen der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede abgewiesen. Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin.
Die Klägerin macht geltend:
Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge allein davon ab, wie lange der Lauf der Verjährung durch Verhandlungen gehemmt gewesen sei. Das LG habe den Begriff der Hemmung durch Verhandlungen verkannt. Dieser Begriff sei weit auszulegen. Es genüge jeder Meinungsaustausch, wenn nicht sofort erkennbar die Gespräche über eine Ersatzpflicht abgelehnt würden.
Dem fraglichen Termin beim LG im Vorprozess am 24.10.2003 sei ein Gütetermin vom 30.8.2002 vorausgegangen. Die Güteverhandlung habe kein Ergebnis gehabt, da beide Parteien der Auffassung gewesen seien, dass es ohne sachverständige Klärung der Schadensursache keinen Sinn mache, sich zu vergleichen. Es sei dann nach streitiger Verhandlung Beweis durch Sachverständigengutachten erhoben worden. Nach Vorlage des Gutachtens sei der 24.10.2003 der nächste Termin gewesen. Der Vorsitzende Richter der 5. Zivilkammer habe die Verhandlung mit der Feststellung eröffnet, dass er von einer Haftung der Beklagten ausgehe und nur streitig sein könne, wie hoch die Haftungsquote anzusetzen sei. Der geltend gemachte 20 %-ige Teilanspruch sei in jedem Fall gerechtfertigt. Der Rechtsstreit wäre also für den Erlass einer Grundentscheidung entscheidungsreif gewesen. Nur weil das Bestreiten der Beklagten zur Höhe nicht ernst genommen worden sei und der Vorsitzende diesen Punkt ausdrücklich erörtert habe, sei Gelegenheit gewesen, die Gesamtangelegenheit noch einmal unter Vergleichsgesichtspunkten zu erörtern. Dabei habe der Vorsitzende den zu Protokoll gegangenen Vorschlag unterbreitet, sich auf der Basis eines hälftigen Mitverschuldens zu einigen bei Zahlung einer Vergleichssumme von 20.000 bis 25.000 EUR.
Aus Anlass dieses Vergleichsvorschlags sei zwischen den Parteivertretern im Termin ausgiebig erörtert worden, mit welcher Summe die Angelegenheit erledigt werden könne. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe keineswegs jegliche über den geltend gemachten Klagbetrag hinausgehende Zahlung abgelehnt, sondern vielmehr einen Betrag von 15.000 EUR als denkbar in den Raum gestellt. Das sei von Seiten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als zu gering erachtet und der Vorschlag des Gerichts aufgegriffen worden, wonach ein Betrag zwischen 20.000 und 25.000 EUR in Frage kommen könne. Aus dieser wechselseitigen Diskussion zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien habe sich dann die erste Ziffer des Beschlusses am Ende der Sitzung vom 24.3.2003 ergeben, nämlich die Auflage an die Parteien, sich binnen 3 Wochen zum Vergleichsvorschlag des Gerichts zu äußern. Wenn von den Erörterungen zwischen den Parteien - Angebot der Beklagten bei 15.000 EUR und Gegenvorstellung der Klägerin zwischen 20.000 und 25.000 EUR - nichts im Protokoll stehe, heiße dies nicht, dass eine solche Erörterung nicht stattgefunden habe.
Es sei deshalb Sache des Prozessvertreters der Beklagten gewesen, klar und deutlich zu erklären, dass sich seine Mandanten nicht zu vergleichen wünschten. Die Abfassung eines Vergleichsvorschlags hätte aus Sicht des Vorsitzenden Richters keinen Sinn gemacht, wenn ihm nicht beide Parteien signalisiert hätten, dass sie bereit seien, über den Vorschlag nachzudenken. Auf Grund dieses unstreitigen Sachverhalts sei erster Instanz davon abgesehen worden, für den Gang der Verhandlung Zeugenbeweis anzubieten, dieser werde nun aber vorsorglich angeboten (Vernehmung des Vorsitzenden Richters und der beteiligten Rechtsanwälte).
Das auf die Sitzung folgende Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläg...