Leitsatz (amtlich)

Hinweispflicht eines Steuerberaters auf drohende Verjährung von Regressansprüchen gegen Vorberater.

 

Normenkette

StBerG § 33; BGB §§ 194, 280

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 05.02.2014; Aktenzeichen 17 O 8/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.05.2015; Aktenzeichen IX ZR 186/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 5.2.2014 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des LG Kiel - 17 O 8/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der beklagten Steuerberatungsgesellschaft Ersatz eines Schadens, der ihm wegen fehlenden Hinweises auf mögliche Regressansprüche gegen seinen früheren Steuerberater entstanden sein soll.

Dr. A. und der ebenfalls als Arzt tätige Kläger gründeten am 1.7.1996 eine Gemeinschaftspraxis, wobei der Kläger seine bisherige Einzelpraxis in die Gesellschaft einbrachte. Am Gesellschaftsvermögen war Dr. A. zunächst nicht beteiligt. Der Kläger verkaufte und übertrug mit Verträgen vom 30.12.1996 und 17.12.1997 in zwei Schritten letztlich 50 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen an Dr. A. zu einem Gesamtkaufpreis von DM 887.600 (im ersten Schritt 10 % für DM 180.400 und im zweiten Schritt 40 % für DM 707.200). Das Grundstück S. in B., auf dem sich die Praxisräume befanden, war von dieser Veräußerung nicht umfasst, sondern blieb - als Sonderbetriebsvermögen - im Alleineigentum des Klägers. Grund war, dass Dr. A. als junger Familienvater nicht auch noch zusätzlich die mit einer Beteiligung an dem Grundstück verbundene finanzielle Belastung wollte.

Die damalige steuerliche Beratung des Klägers - auch hinsichtlich der vertraglichen Gestaltung der Anteilsübertragungen - erfolgte durch den Steuerberater C.. In den Feststellungserklärungen für die Jahre 1997 und 1998 machte der Kläger die für die Praxisanteile erhaltenen Kaufpreise als begünstigte Veräußerungsgewinne geltend, die zunächst vom Finanzamt auch antragsgemäß als solche festgestellt wurden. Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Gemeinschaftspraxis vertrat jedoch der Prüfer ebenso wie anschließend das Finanzamt die Rechtsauffassung, dass die von Dr. A. erhaltenen Kaufpreise nicht steuerbegünstigt seien, sondern laufenden Gewinn des Klägers darstellten, weil er nicht zugleich mit den Praxisanteilen einen entsprechenden Anteil an den wesentlichen Betriebsgrundlagen - vorliegend an dem im Sonderbetriebsvermögen des Klägers gebliebenen Grundstück - an Dr. A. veräußert habe. Das Finanzamt erließ am 1.3.2002 einen geänderten Feststellungsbescheid für 1997 und 1998 mit einer Steuernachforderung, von der EUR 223.328,50 auf die Einnahmen des Klägers aus dem Verkauf der Praxisanteile an Dr. A. entfielen. Der Bescheid ging dem Kläger am 5.3.2002 zu. Er beauftragte die Beklagte, die bereits im Jahr 1999 die Erstellung der Finanzbuchhaltung, der Jahresabschlüsse und der Steuererklärungen sowie die damit verbundene steuerliche und wirtschaftliche Beratung des Klägers übernommen hatte, mit der Einspruchseinlegung. Einen ausdrücklichen Auftrag, mögliche Schadenersatzansprüche gegen den Vorberater C. zu prüfen, erteilte der Kläger der Beklagten nicht. Am 19.4.2002 übermittelte die Beklagte dem Kläger die Einspruchsbegründung in Abschrift und fasste in diesem Schreiben (Anlage K 3, Bl. 25 d.A.) zugleich eine Besprechung mit dem Kläger vom 15.4.2002 zusammen. Darin führte die Beklagte zur rechtlichen Problematik hinsichtlich der Gewährung des halben Steuersatzes auf die Einnahmen aus dem Verkauf der Praxisanteile aus. Am 19.11.2008 teilte das Finanzamt B. der Beklagten schriftlich mit, dass es seine bisherige Rechtsauffassung, wonach die Einnahmen nicht steuerlich begünstigt seien, aufrechterhalte (Anlage K 4, Bl. 30 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 15.12.2008 (Anlage K 5, Bl. 34 d.A.) leitete die Beklagte dieses Schreiben an den Kläger weiter und erörterte die Erfolgsaussichten des weiteren Verfahrens sowie die Möglichkeit der Einspruchsrücknahme. Der letzte Satz des Schreibens der Beklagten lautet:

"Sollten Sie erwägen, Ihre damaligen Steuerberater wegen einer eventuell möglichen Falschberatung in Regress zu nehmen, sollten Sie diesen jedoch vorher Gelegenheit geben, zu dem Einspruchsverfahren und dem Schreiben des Finanzamtes Stellung zu nehmen."

Nach einer Besprechung mit dem Finanzamt B. am 28.4.2009 nahm der Kläger die Einsprüche gegen die Feststellungsbescheide für die Jahre 1997 und 1998 zurück, soweit sie die Besteuerung der Einnahmen aus dem Verkauf der Praxisanteile betrafen, und leistete die Steuernachzahlung von EUR 223.328,50. Sein Vorberater C. bzw. dessen Rechtsnachfolger beriefen sich gegenüber ihrer Inanspruchnahme durch den Kläger mit Schreiben v...

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