Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsrecht: Anforderungen der sogenannten strengen Wiederherstellungsklausel
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Sicherstellung der Wiederherstellung der versicherten Sache in gleicher Art und Zweckbestimmung im Sinne der sog. strengen Wiederherstellungsklausel in der Wohngebäudeversicherung ist nicht gegeben, wenn innerhalb der maßgeblichen Frist von 3 Jahren lediglich ein Fundament errichtet und eine Baugenehmigung nebst Antragsunterlagen vorgelegt wird.
2. Es liegt keine Gleichartigkeit der beabsichtigten Wiederherstellung vor, wenn ein aus fünf Bauteilen bestehendes ungenutztes ehemaliges landwirtschaftliches Nebengebäude ohne Strom, Wasser und Verschlussmöglichkeiten durch eine moderne, um mehr als 55 % größere unterteilte Mehrzweckhalle ersetzt werden soll.
3. Die Erstattung von Mehrkosten aufgrund behördlicher Auflagen für die Wiederherstellung der versicherten und vom Schaden betroffenen Sache (hier: der Bau eines Löschwasserbrunnens) scheidet aus, wenn es an der bedingungsgemäßen Wiederherstellung der versicherten Hauptsache fehlt.
Vgl. auch zum umgekehrten Fall der Wiederherstellung eines mehrstöckigen Gebäudes in Form mehrerer Flachbauten mit gleicher Funktion, die Gleichartigkeit bejahend SchHOLG; Urteil vom 30.09.1987, 9. Zivilsenat - 9 U 205/86 - ZfSch 1989, 177.
Normenkette
VVG § 93
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 08.02.2019 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Parteien sind durch einen Wohngebäudeversicherungsvertrag miteinander verbunden. Der Kläger begehrt nach einem Brandschaden an Nebengebäuden Zahlung des Neuwertanteils sowie Mehrkosten für die Wiederherstellung durch behördliche Auflagen.
Auf dem ca. 2,6 ha großen, in unmittelbarer Nähe des Nord-Ostsee-Kanals belegenen Grundstück des Klägers befanden sich neben einem Wohnhaus auch Nebengebäude in Form einer Halle (eingeschossig mit Satteldach) mit einem Anbau mit Pultdach (Bauteile 04 und 05 des von der Beklagten eingeholten Gutachten des Sachverständigen K., Anlage K4), eine Halle mit Tonnendach (Bauteile 01 und 02) und eine Garage (Bauteil 03), vgl. auch die Fotografien Anlage B 31.
Die genannten Nebengebäude brannten am 30.08.2012 gegen 3:00 Uhr bis auf die Grundmauern ab. Der Sachverständige K. stellte einen Gesamtschaden von 70.963,25 EUR fest, der sich zusammensetzt aus dem Zeitwert der Gebäude von 24.654,89 EUR und einem Neuwertanteil in Höhe von 46.308,36 EUR. Der Zeitwert wurde von der Beklagten ausgekehrt.
Hinsichtlich des Neuwertanteils der Entschädigung sieht § 29 Ziff. 5 der zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen (VGB 2006) vor, dass ein Zahlungsanspruch nur erworben wird, soweit und sobald der Versicherungsnehmer innerhalb von 3 Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles (hier: 30.08.2015) sicherstellt, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen (sogenannte strenge Wiederherstellungsklausel).
Der Kläger erwirkte unter dem 19.05.2015 eine Baugenehmigung, die als Auflage unter anderem für die Nebenanlage vor Baubeginn den Nachweis eines Löschwasservolumenstroms von mindestens 48 m3/h über 2 Stunden forderte, wobei die Löschwasserentnahmestelle nicht weiter als 75 m Luftlinie über einen gesicherten Weg von den Gebäuden entfernt liegen dürfe. Die Beklagte bat nach dem Erhalt der Baugenehmigung darum, die vollständigen Bauantragsunterlagen einzureichen, da ansonsten nicht erkennbar sei, worauf sich die Baugenehmigung inhaltlich beziehe. Mit Schreiben vom 24.07.2015 (Anlage K 3) übermittelte der Kläger der Beklagten dann die Baugenehmigung mit Bauantrag und dessen Anlagen, unter anderem den Bauzeichnungen und der Berechnung des umbauten Raumes. Letzterer war darin mit 1.142,88 m3 angegeben. Es handelt sich um ein Gebäude mit Satteldach mit der Grundfläche 12 × 16 m, dass in seinem Grundriss der Länge nach in zwei Hälften aufgeteilt ist, wobei die eine Hälfte in drei Räume unterteilt ist, die jeweils mit Werkstatt, Abstellraum und Garage beschriftet sind, und die andere, dem Wohnhaus abgewandte Hälfte die Bezeichnung landwirtschaftlich genutzte Halle trägt. Der Kläger teilte überdies mit, dass er bereits mit Bodenarbeiten begonnen habe.
In Hinblick auf die Auflage überreichte er der Beklagten ein Nachtragsangebot vom 16.06.2015 bezüglich eines Brunnens über 31.414,76 EUR netto. Der Kläger hatte bereits einen Brunnen bauen lassen, der aber nicht die nach der ...