Leitsatz (amtlich)

1. Aufsichtsratsmitglieder können Begünstigte eines gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG über den Rückkauf eigener Aktien zu bedienenden Aktienoptionsprogramms sein.

2. Die Beschlussfassung über die Veräußerung der rückgekauften Aktien an die Optionsberechtigten unter Ausschluss der Altaktionäre unterliegt der – auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkten – richterlichen Inhaltskontrolle und ist gem. §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5, 2. HS, 186 Abs. 4 S. 2 AktG durch einen Vorstandsbericht vorzubereiten.

3. Der Vorstandsbericht hat die finanzielle Gesamtbelastung der Gesellschaft zumindest näherungsweise anzugeben und im Übrigen in geraffter Form Entscheidungsalternativen zum favorisierten Aktienoptionsprogramm, namentlich Formen einer am längerfristigen Unternehmenserfolg orientierten Geldvergütung, sowie die Vor- und Nachteile sämtlicher Entscheidungsalternativen aufzuzeigen und diese zu bewerten.

 

Normenkette

AktG § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 8, §§ 161, 186 Abs. 3 und 4, § 192 Abs. 2 Nr. 3, § 193 Abs. 2 Nr. 4, § 241 Nr. 5, §§ 243, 245 Nr. 1, § 246 Abs. 1 bis 3; ZPO § 265 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Aktenzeichen 6 O 53/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Flensburg vom 26.9.2001 – 6 O 53/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist für die Kläger wegen ihrer Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann die Beklagte die Vollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 5.500 Euro abwenden, wenn nicht zuvor die Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Nichtigkeitserklärung eines Beschlusses der Hauptversammlung der Beklagten, aufgrund dessen den Mitgliedern von deren Aufsichtsrat Aktienoptionen als variabler Vergütungsbestandteil gewährt werden soll.

Auf der Hauptversammlung der Beklagten am 5.4.2001 wurde unter TOP 8 bei stimmberechtigter Präsenz von 51.166538 Stimmen und 981.661 Stimmenthaltungen gegen 39.090 Nein-Stimmen mit 50.144.968 Ja-Stimmen beschlossen, dass Mitglieder des Aufsichtsrats zusätzlich zu der gem. § 11 Abs. 4 der Satzung gewährten festen Vergütung jährlich – erstmals für das Geschäftsjahr 2000 – als variablen Vergütungsbestandteil Aktienoptionen erhalten sollen. Die Beschlussfassung lautet insoweit (K 1, Bl. 15 d.A.):

„a) Die Mitglieder des Aufsichtsrates erhalten zusätzlich zu der gem. § 11 Abs. 4 der Satzung gewährten festen Vergütung jährlich – erstmals für das Geschäftsjahr 2000 – Aktienoptionen als variablen Vergütungsbestandteil. Dazu wird § 11 Abs. 5 der Satzung geändert und wie folgt neu gefasst:

,Die Mitglieder des Aufsichtsrates erhalten für jedes Geschäftsjahr ihrer Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat – erstmals für das Geschäftsjahr 2000 – jeweils 1.200 Optionsrechte. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates erhält 2.400 und der Stellvertreter 1.800 Optionsrechte. Aufsichtsratsmitglieder, die dem Aufsichtsrat nicht während eines vollen Geschäftsjahrs angehört haben, erhalten für jeden vollen Monat, den sie in diesem Geschäftsjahr dem Aufsichtsrat angehört haben, ein Zwölftel der oben für das gesamte Geschäftsjahr genannten Anzahl an Optionsrechten. Die Optionsrechte werden jeweils an dem auf die dritte Kalenderwoche des Folgejahres folgenden Montag (nachfolgend: „Ausgabetag”) an die Mitglieder des Aufsichtsrates ausgegeben. Die für das Geschäftsjahr 2000 zu gewährenden Optionsrechte werden unverzüglich nach Eintragung dieser Satzungsänderung im Handelsregister ausgegeben.

Die an Mitglieder des Aufsichtsrats gewährten Optionsrechte können frühestens nach Ablauf einer Sperrfrist ausgeübt werden, die für 50 % der für ein Geschäftsjahr jeweils gewährten Optionsrechte zwei Jahre, für weitere 25 % der Optionsrechte drei Jahre und für die verbleibenden 25 % der Optionsrechte vier Jahre – gerechnet jeweils vom Tag der Gewährung der Optionsrechte an – beträgt. Für die Ausübung der Optionsrechte ist nach Ablauf der jeweiligen Sperrfrist jeweils ein Zeitraum von weiteren drei Jahren vorgesehen. Innerhalb dieses Zeitraums können die Optionen jederzeit mit Ausnahme des Zeitraums von vier Wochen vor Bekanntgabe von Quartalsergebnissen und des Zeitraums zwischen Geschäftsjahresende und der Bekanntgabe der Ergebnisse des abgelaufenen Geschäftsjahres ausgeübt werden (Ausübungszeitraum).

Ein Optionsrecht berechtigt seinen Inhaber bei seiner Ausübung gegen Zahlung des Ausübungspreises zum Erwerb einer Aktie der Gesellschaft mit einem auf diese entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals von Euro 1,00. Der Ausübungspreis beträgt 120 % des durchschnittlichen Schlusskurses der Aktie der Gesellschaft im XETRA-Handel der Deutsche Börse AG oder eines an die Stelle des XETRA-Systems getretenen Nachfolgesystems während der letzten 20 Handelstage vor der Gewährung der Optionsrechte. Das Optionsrecht kann nur ausgeübt werden, wenn der Kurs der Aktie der Gesellschaft den Ausübungspreis erreicht hat. Die Ausübung wird schriftlich gegenüber der Gesellschaft e...

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