Entscheidungsstichwort (Thema)
nachehelicher Unterhalt
Leitsatz (amtlich)
Ein Unterhaltsverzicht ist nichtig, wenn er für die Vertragsparteien erkennbar zur Sozialhilfebedürftigkeit des Verzichtenden führt.
Orientierungssatz
Unwirksamkeit eines Unterhaltsverzichts.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, §§ 1572-1573, 1585c
Verfahrensgang
AG Schleswig (Aktenzeichen 53 F 116/98) |
Tenor
Das Versäumnisurteil des Senats vom 27. Juni 2000 wird aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt (Ziffer III) in dem Verbundurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 31. August 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten im Termin vom 27. Juni 2000 verursachten Kosten, die dieser zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien hatten am 18. Dezember 1992 die Ehe geschlossen. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen.
Für die am 1961 geborene Klägerin war es die zweite Ehe. Aus ihrer ersten Ehe stammen zwei Kinder, die sich in einer Pflegefamilie befinden. Die Klägerin hat den Beruf einer Verkäuferin erlernt. Während des Zusammenlebens der Parteien hat sie überwiegend Sozialleistungen erhalten. Sie leidet unter schweren Depressionen, insulinpflichtigem Diabetes, chronischer Pankreatitis und ist im Jahre 1994 an einem Zervix-Karzinom operiert worden. Zurzeit bezieht sie Sozialhilfe.
Der am 1959 geborene Beklagte war bis zum August 1997 Angestellter der Post. Das Arbeitsverhältnis ist einvernehmlich aufgelöst worden, der Beklagte hat eine Abfindung erhalten. Bis Juni 1998 hat er Arbeitslosengeld erhalten, danach wegen einer Umschulungsmaßnahme bis April 2000 Unterhaltsgeld. Er sollte zum Versicherungskaufmann ausgebildet werden. Danach hat er etwa 1 1/2 Monate eine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Seit September 2000 ist er arbeitslos.
Die Parteien haben sich im April 1996 getrennt. Am Juli 1997 schlossen sie eine notariell beurkundete Scheidungsfolgenvereinbarung, in der unter anderem ein Verzicht auf Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich sowie nachehelichen Unterhalt vereinbart worden ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde des Notars in vom Juli 1997 (Bl. 7 bis 10 d. A.) Bezug genommen.
Das Scheidungsverfahren ist rechtshängig seit Oktober 1998. Die Klägerin hat im Verbund nachehelichen Unterhalt verlangt und beantragt, den Beklagten zur Zahlung von insgesamt 1736 DM monatlich zu verurteilen.
Das Familiengericht hat durch das angefochtene Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antrag auf Ehegattenunterhalt zurückgewiesen. In den Gründen heißt es, die Klägerin habe gemäß § 1585c BGB wirksam auf Ehegattenunterhalt verzichtet. Sie sei bereits bei Eheschließung krank und nicht erwerbsfähig gewesen. Somit wäre sie auch ohne Eheschließung sozialhilfebedürftig gewesen. Im Übrigen sei die Ehe relativ kurz gewesen.
Das Verbundurteil ist im Scheidungsausspruch rechtskräftig seit März 2000.
Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, der Unterhaltsverzicht gehe zu Lasten der Allgemeinheit und sei deswegen sittenwidrig.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie ab März 2000 nachehelichen Unterhalt von monatlich 1150 DM zu zahlen.
Der Beklagte ist im Termin vom 27. Juni 2000 säumig geblieben. Auf Antrag der Klägerin ist er durch Versäumnisurteil vom gleichen Tage antragsgemäß zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden. Hiergegen hat er rechtzeitig Einspruch eingelegt.
Der Beklagte trägt vor, die Parteien seien sich bei Abschluss des Scheidungsfolgenvertrages nicht bewusst gewesen, dass die Klägerin zu Lasten des Sozialhilfeträgers auf Unterhalt verzichte. Er habe damals nicht gewusst, dass sie Sozialhilfe beziehe. Nunmehr sei er leistungsunfähig. Er habe die Abfindung inzwischen verbraucht, weil er davon den Trennungsunterhalt für die Klägerin sowie weitere Verbindlichkeiten habe bezahlen müssen. Auch habe er in der Zeit von September 1997 bis zum 13. Februar 1998 davon leben müssen, weil er in dieser Zeit kein Arbeitslosengeld erhalten habe. Die berufliche Umschulungsmaßnahme sei fehlgeschlagen. Er habe sich überfordert gefühlt. Bei der Post sei er als Arbeiter tätig gewesen, eine Berufsausbildung habe er bisher nicht gehabt. Nunmehr sei er wirtschaftlich am Ende.
Der Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
das Versäumnisurteil vom 27. 6. 2000 aufrechtzuerhalten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Versäumnisurteil vom 27. Juni 2000 ist gemäß § 343 ZPO aufzuheben, weil die Berufung der Klägerin unbegründet ist. Sie hat derzeit keinen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten gemäß §§ 1572 oder 1573 BGB, weil der Beklagte nicht leistungsfähig ist. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Rechtskraft der...