Verfahrensgang

LG Itzehoe (Aktenzeichen 3 O 157/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 05.07.2017; Aktenzeichen VIII ZR 147/16)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin betreibt Strom- und Gasnetze in Schleswig-Holstein. Der Beklagte ist Landwirt. Er unterhält auf seinem Grundstück eine Photovoltaik-Dachanlage mit einer elektrischen Leistung von 83,60 kWp. Am 30.3.2012 nahm er die Anlage zunächst ohne Netzanschluss in Betrieb. Seit dem 8.5.2012 speist er den erzeugten Strom in das Netz der aufnahme- und vergütungspflichtigen Klägerin ein. Bereits am 17.1.2012 hatte er ein ihm von der Klägerin übersandtes Formblatt mit Angaben zu der Anlage ausgefüllt und zurückgesandt. Die letzte - mit "ja" angekreuzte - Frage betrifft unter Bezugnahme auf § 16 Abs. 2 EEG die Meldung von Standort und Leistung der Anlage an die Bundesnetzagentur. Die Klägerin stellte im Herbst 2014 fest, dass eine Meldung tatsächlich unterblieben war. Der Beklagte holte sie am 6.11.2014 nach.

Im Zeitraum vom 7.6.2012 bis zum 5.11.2014 zahlte die Klägerin an den Beklagten eine Einspeisevergütung nach den Fördersätzen des EEG in Höhe von insgesamt 52.429,40 EUR. Ihrer Auffassung nach steht ihm jedoch für den Zeitraum bis zum 31.7.2014 nur ein Anspruch auf Vergütung nach dem Marktwert und für die darauffolgende Zeit keinerlei Vergütung zu. Damit verbliebe - rechnerisch unstreitig - ein berechtigter Vergütungsanspruch von 6.890,85 EUR. Den nach Auffassung der Klägerin zu Unrecht erlangten Differenzbetrag von 45.538,55 EUR hat sie klageweise geltend gemacht. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat den Klaganspruch aus Rechtsgründen in Abrede gestellt, sich für das Jahr 2012 auf Verjährung berufen und hilfsweise mit einem Schadensersatzanspruch gegenüber der Klägerin, die die ordnungsgemäße Meldung der Anlage hätte überprüfen müssen, aufgerechnet. Wegen des weiteren Parteivortrags wird nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat der Klage - bis auf einen geringfügigen Teil des Zinsanspruchs - stattgegeben. Es hat ausgeführt:

Der Anspruch stünde der Klägerin - unabhängig davon, ob er auch nach Vorschriften des EEG begründet wäre - als Anspruch auf Leistungskondiktion aus § 812 Abs. 1 Satz 1,1. Alt. BGB zu. Für den Zeitraum vom 8.5.2012 bis zum 31.7.2014 stünde dem Beklagten nach § 16 Abs. 1 EEG 2012 ein Anspruch auf Vergütung des abgenommenen Stroms in Höhe des Marktwerts zu. Für den weiteren Zeitraum vom 1.8.2014 bis zur Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur am 5 11.2014 sei sein dem Grunde nach gegebener Vergütungsanspruch auf null reduziert (§§ 19 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,100 Abs. 1 Nr. 3b EEG 2014). Die am 6.11.2014 nachgeholte Meldung habe weder nach dem EEG 2012 noch nach dem EEG 2014 Rückwirkung. Sowohl aus dem Wortlaut der jeweiligen Regelungen als auch aus ihrem Sinn und Zweck, neu zugebaute Anlagen möglichst zeitnah zu erfassen, folge, dass die Reduzierung der Vergütung für den Zeitraum der unterbliebenen Meldung endgültig sein solle. Die Anlage unterfalle nicht mehr dem Regelungsregime des EEG 2009, das als Sanktion für eine unterlassene Meldung an die Bundesnetzagentur nur eine hinausgeschobene Fälligkeit vorgesehen habe. Das EEG 2009 finde nach der Übergangsregelung des § 66 Abs. 1 EEG 2012 nur auf vor dem 1.1.2012 in Betrieb genommene Anlagen Anwendung. Für den Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Rückzahlung komme es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang sie ihrerseits von dem Übertragungsnetzbetreiber nach § 57 Abs. 5 Satz 1 EEG 2014 auf Rückzahlung in Anspruch genommen werde. Die Rückforderungsansprüche beider Netzbetreiber stünden nicht in einem Stufenverhältnis. Die Annahme eines Stufenverhaltnisses führte zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen bei der Rückgewinnung überzahlter Vergütungen. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck des § 57 Abs. 5 EEG 2014, Überzahlungen zeitnah zugunsten der Elektrizitätsversorgungsunternehmen - die die Kosten letztlich tragen müssten - rückabzuwickeln. Dem Klaganspruch stünde § 814 BGB nicht entgegen. Der Beklagte habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass die maßgeblichen Mitarbeiter der Klägerin von der fehlenden Leistungspflicht gewusst hätten. Im Übrigen dürfte schon wegen des Rückforderungsvorbehalts auf dem vom Beklagten am 17.1.2012 unterzeichneten Formblatt kein Vertrauen dahingehend entstanden sein, dass er die gezahlte Vergütung trotz der unterlassenen Meldung behalten dürfe.

Der Klaganspruch sei nicht nach § 389 BGB erloschen. Dem Beklagten stünde kein aufrechenbarer Gegenanspruch...

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