Normenkette
GenG § 7 Nr. 1, § 15 Abs. 1 S. 1
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 29. Dezember 2021, Az. 2 O 64/21, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Lübeck ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten nach Insolvenz der X Wohnbaugenossenschaft eG (im Folgenden: Schuldnerin, zuvor firmierend als XY Wohnbaugenossenschaft eG) um offene Einzahlungen auf Genossenschaftsanteile der Beklagten in Höhe von 14.509,89 EUR. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin.
Die Beklagte unterzeichnete am 19. Dezember 2011 eine Beitrittserklärung zur Schuldnerin, nach der sie sich mit einem Geschäftsanteil von 100 EUR zur Begründung ihrer Mitgliedschaft sowie 199 weiteren Geschäftsanteilen zu je 100 EUR an der Schuldnerin beteiligte. Für die von ihr auf dem Beitrittsformular gewählte Zahlungsweise als Sparer mit Sonderzahlung wurden eine "Soforteinlage" von 2.000 EUR und ein "Stundungsbetrag" von 18.000 EUR festgelegt, der für die Dauer von 90 Monaten gestundet sein sollte, wobei ein monatlicher "Stundungsbetrag" von 200 EUR vereinbart wurde. Mit Unterzeichnung der Beitrittserklärung bestätigte die Beklagte, ein Exemplar der "Allgemeinen und Besonderen Vertragsbestimmungen" und der Satzung der Genossenschaft erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Wegen des genauen Inhalts der Beitrittserklärung wird auf deren Kopie in Anlage K2 (Anlagenband Kläger) Bezug genommen; für den Inhalt der "Allgemeinen und Besonderen Vertragsbestimmungen" wird auf Anlage K43 (Bl. 307ff. d.A.) Bezug genommen. Dem Genossenschaftsbeitritt lag die Satzung der Schuldnerin zum Stand 1. Juli 2011 zugrunde (Anlage K1 im Anlagenband Kläger). Diese sieht in § 38 die Möglichkeit einer Ratenzahlung für zusätzlich erworbene Anteile vor. Auf den Wortlaut des § 38 der Satzung sowie auf den weiteren Inhalt der Satzung wird Bezug genommen.
Die Beklagte erteilte eine entsprechende Einzugsermächtigung. Mit Datum vom 24. Januar 2012 übersandte die Schuldnerin der Beklagten ein Anschreiben nebst Aufstellung der Vertragsdetails, in dem sie die Beklagte als Mitglied begrüßte und die Übersendung der Mitgliedsurkunde "in Kürze" ankündigte. Zum Inhalt des Schreibens im Einzelnen wird auf Anlage K45 (Bl. 319R, 320R d.A.) Bezug genommen. Ausweislich der Mitgliedsurkunde, die der Beklagten übersandt wurde (Anlage B1 im Anlagenband sowie Bl. 320 d.A.), ist die Beklagte "in die Mitgliederliste der XY eG unter der Mitgliedsnummer: 1107337 Mit 200 Genossenschaftsanteilen im Gesamtwert von 20.000 EUR am 09.01.2012 eingetragen." Unter einem Sternchen heißt es ferner: "bei einer Stundungsvereinbarung richtet sich die Höhe der Anteile nach den jeweiligen Einzahlungen".
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 1. August 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger forderte die Beklagte vorgerichtlich erfolglos mit Schreiben vom 12. August 2020 zur Leistung noch ausstehender restlicher Einlagezahlungen in Höhe von 14.509,89 EUR auf.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des erstinstanzlichen Streitstands wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.509,89 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 29. Dezember 2021 vollumfänglich stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 14.509,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19. März 2021 zu zahlen. Ausweislich der Ausführungen im unstreitigen Teil des Tatbestands des Urteils zahlte die Beklagte insgesamt 5.490,11 EUR an die Schuldnerin. Der Anspruch des Klägers ergebe sich aus §§ 15, 15b GenG i.V.m. § 38 der Satzung der Schuldnerin unter Berücksichtigung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft und der Beitrittserklärung der Beklagten. Dem Anspruch auf Einzahlung der restlichen, auf die erworbenen Geschäftsanteile entfallenden Beiträge stehe nicht entgegen, dass wegen Verstoßes gegen § 15b Abs. 2 GenG kein wirksamer Beitritt der Beklagten zu der Schuldnerin erfolgt sei, da auf den fehlerhaften Beitritt zu einer Genossenschaft die zur fehlerhaften Gesellschaft entwickelten Grundsätze anwendbar seien. Daher sei der durch die zugelassene Beitrittserklärung und die Einzahlung des auf den Geschäftsanteil entfallenden Betrags des Pflichtanteils in Vollzug gesetzte Beitritt nic...