Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch Vereitelung der Erfüllung eines Veräußerungsvertrages
Leitsatz (amtlich)
1. Es stellt eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 BGB dar, wenn ein Außenstehender vom Verpflichteten eines Veräußerungsvertrages (hier: Vertrag über die Einräumung eines Wohnungserbbaurechts) bei Kenntnis von dessen fehlgeschlagenem Vollzug den Veräußerungsgegenstand erwirbt und hierbei in Kauf nimmt, dass damit die Übereignungsansprüche des Erstkäufers vereitelt werden.
2. In einem derartigen Fall kann der Erstkäufer vom Zweitkäufer im Wege des Schadensersatzes unmittelbar Herausgabe und dinglichen Übertragung des Kaufgegenstandes verlangen.
Verfahrensgang
LG Lübeck (Urteil vom 13.09.2002; Aktenzeichen 9 O 68/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.9.2002 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Lübeck - 9 O 68/01 - wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt,
I. noch von ihr zu bildendes Sondereigentum (Wohnungserbbaurecht) am auf dem Flurstück 64/20 der Flur 10, Gemarkung G., eingetragen im Erbbaugrundbuch von G. Bl. 1411, befindlichen Ferienhaus Nr. 17 an die Beklagten als je hälftige Mitberechtigte zu übertragen, die Eintragung der Rechtsänderung im Erbbaugrundbuch zu bewilligen und alle weiteren zum Vollzug der Rechtsänderung erforderlichen Willenserklärungen abzugeben, sowie
II. vom verbleibenden Erbbaurecht am Flurstück 64/20 der Flur 10, Gemarkung G., eingetragen im Erbbaugrundbuch von G. Bl. 1411, Teilberechtigungen auf die Beklagten und die weiteren in den Wohnungserbbaugrundbüchern G. Bl. 1412 bis 1471 eingetragenen Wohnungserbbauberechtigten entsprechend den sich aus der Anlage 2 (Ferienhausliste) der notariellen Teilungserklärung v. 18.4.1977 - UR-Nr. 382/1977 des Notars Lä., Eutin - ergebenden Erbbaurechtsanteilen zu übertragen, die Eintragung der Rechtsänderungen im Erbbaugrundbuch zu bewilligen und alle weiteren zum Vollzug der Rechtsänderungen erforderlichen Willenserklärungen abzugeben.
Die Kosten beider Rechtszüge hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann die Klägerin die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 150.000 Euro abwenden, wenn nicht zuvor die Gegenseite Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Immobilienhandelsgesellschaft, erwarb im Wege der Nachtragsliquidation eines Wohnungsbauunternehmens (Firma L.) ein Erbbaurecht am Flurstück 64/20 in G. Auf diesem Flurstück und anderen Grundstücken hatte die Firma L. in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Ferienhaussiedlung in der Rechtsform einer Wohnungserbbaurechtsgemeinschaft begründet und auch über das im Aufteilungsplan als Nr. 17 bezeichnete Ferienhaus mit den Rechtsvorgängern der Beklagten, den Eheleuten W., einen Kaufvertrag geschlossen. In Folge eines im Zusammenwirken des amtierenden Notars und dem Grundbuchamt seinerzeit aufgetretenen Fehlers wurde das Flurstück 64/20 jedoch nicht den Wohnungserbbaugrundbüchern - hier dem Bl. 1428, in welchem die Beklagten als Wohnungserbbauberechtigte eingetragen sind - zugeschrieben, sondern zusammen mit anderen Frei- und Wegeflächen dem Bl. 1411, in dem die Firma L. weiter als Erbbauberechtigte eingetragen blieb. Ein erster Korrekturversuch durch Inanspruchnahme der zwischenzeitlich in Konkurs geratenen Firma L. scheiterte daran, dass deren Konkursverwalter eine entsprechende Geldentschädigung forderte. Nach Beendigung des Konkursverfahrens wurde - darunter auch dem schon häufiger mit der Rechtsberatung der Firma L. betrauten Zeugen Dr. H, dem Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin - bekannt, dass einige Flächen, darunter auch das fragliche mit einem Haus bebaute Flurstück 64/20, noch in der Erbbauberechtigung der Firma L. verblieben waren. Der von der Gesellschafterversammlung der Firma L., bei welcher der Zeuge Dr. H. als Protokollführer fungierte, eingesetzte Nachtragsliquidator und frühere Geschäftsführer der Firma L. Michael L. veräußerte daraufhin u.a. das fragliche Flurstück am 4.11.1999 mit notariellem Vertrag an die Klägerin zum Preis von 12.250 DM. Mit Änderungsbeurkundung vom 22.12.1999 wurde der Kaufpreis allerdings in 312.250 DM abgeändert. Bis heute wurde jedoch unstreitig kein Kaufpreis gezahlt.
Das LG hat der Herausgabeklage unter Abweisung der auf Umschreibung des Flurstücks 64/20 in das sie betreffende Grundbuch gerichteten Widerklage der Beklagten stattgegeben. Die zunächst auf bloße Zuschreibung des Flurstücks 64/20, später auf dingliche Rechtsübertragung gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
I. Die Klägerin, grundbuchlich Erbbauberechtigte an dem im Erbbaugrundbuch G. Bl. 1411 eingetragenen Grundstück, begehrt von den Beklagten Herausgabe des Flurstücks 64/20 an dem zugrunde liegenden Grundstück H.-Straße 113, bebaut mit einem Ferienhaus. Widerklagend begehren d...