Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrag über Winterlager einer Segelyacht mit "Miet-Vereinbarung" als Lagervertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vertrag, der das Winterlager für eine Segelyacht zum Gegenstand hat, stellt einen Typenkombinationsvertrag dar, wenn neben der Zurverfügungstellung des Lagerplatzes unterschiedliche Leistungen wie das Kranen und der Schiffstransport zur vom Betreiber des Winterlagers ebenfalls zur Verfügung gestellten Lagerpalette zu erbringen sind.
2. Auf den Typenkombinationsvertrag ist Lagervertragsrecht unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls anzuwenden, wenn wie vorliegend das wesentliche Interesse des Schiffseigners die Lagerung des Schiffs in der Wintersaison ist.
3. Die Bezeichnung des Vertrags als "Miet-Vereinbarung" steht der Anwendung von Lagervertragsrecht nicht entgegen.
Normenkette
HGB §§ 439, 467, 475, 475a
Tenor
Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil der 15. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen II - des Landgerichts Kiel vom 4. Juni 2021 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1. 36.843,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2014, an die Klägerin zu 2. 22.562,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2014, an die Klägerin zu 3. 14.737,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2014, an die Klägerin zu 4. 12.281,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2014, an die Klägerin zu 5. 12.281,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2014, an die Klägerin zu 6. 6.140,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2014, an die Klägerin zu 7. 6.140,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2014, an die Klägerin zu 8. 6.140,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2014 und an die Klägerin zu 9. 3.684,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I. Die Klägerinnen machen gegen die Beklagte Regressansprüche geltend, nachdem eine bei ihnen kaskoversicherte Yacht auf dem Gelände der Beklagten von deren Lagerbock gekippt und erheblich beschädigt worden war.
Die Klägerinnen sind bzw. waren jedenfalls im hier maßgeblichen Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis 1. Mai 2014 in verschiedenem Umfang Yacht-Kasko-Versicherer der Segelyacht des Typs Oceanis 43 (Name "X") des Eigners D1, wie sich aus dem Nachtrag zur Yacht-Kaskoversicherung zur Policen-Nr. ... der in Vollmacht der Versicherer tätigen P1 GmbH (Anlage K1, Bd. I Bl. 12 GA) ergibt. Die Beklagte betreibt in W. unter anderem Wasser- und Trockenliegeplätze - Halle und Freilager - für Schiffe.
Am 31. Juli 2013 trafen der Eigner und die Beklagte eine Vereinbarung über eine Kran-Gestellung sowie einen "Stellplatz Freigelände mit stehendem Mast gem. anh. Angebot" für den Winter 2013/2014 für das Schiff, dessen Daten der Eigner mit 13 m Länge, 4,20 m Breite und 10 t Gewicht angab (Anlage K2, Bl. 15, 16 GA). Mit der Auftragsbestätigung/Krangestellung vom 25. Oktober 2013 bestätigte der Eigner D1 die bereits vereinbarte Krangestellung (Anlage B3, Bd. I Bl. 48 GA).
Am selben Tag wurde die Segelyacht "X" von einem Mitarbeiter der Beklagten mithilfe eines Krans aus dem Wasser gehoben und mit stehendem Mast auf eine dem Eigner von der Beklagten zur Verfügung gestellte Yachtpalette - Lagerbock - gesetzt, die auf der Freifläche der Beklagten auf einer nicht vollständig planen Erd- bzw. Schotterfläche abgestellt war, sodass der Bock mit Holzklötzen gestützt wurde. Mitarbeiter der Beklagten brachten zwischen den Ablageflächen ("Pratzen") und dem Schiffsrumpf mit Teppichresten abgedeckte Holzkeile an, die Materialien stellte die Beklagte. Der Kiel der Yacht lagerte auf einer in Längsrichtung des Schiffes lose auf dem Lagerbock aufliegenden Stahlschwelle (Kielpallung), wobei der verbleibende Zwischenraum zwischen Kiel und Stahlschwelle von einem Mitarbeiter der Beklagten mit verschiedenen Holzbrettern gefüllt wurde (Lichtbilder Bd. II Bl. 274-286 GA). Der Eigner deckte die Yacht mit einer Plane ab. Am 25. Oktober 2013 stellte die Beklagte dem Kläger insgesamt 1.705,52 EUR für die bereits im Angebot genannten Positionen - zuzüglich Wertmarken für die Reinigung des Unterwasserschiffes - in Re...