Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 12 O 227/20) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 22. März 2021 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen geändert:
Es wird festgestellt, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von EUR 23.002,86 hat, der nach Rückgabe und Übereignung des Kraftfahrzeugs der Marke BMW X1 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer W ... am Sitz der Beklagten fällig ist.
Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden über EUR 5.430,00 hinausgehenden Wertverlust des BMW X1 sDrive18d, Fahrgestellnummer W ..., sowie jeden weiteren Wertverlust bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs zu ersetzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 40 % und die Beklagte 60 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug festgesetzt auf EUR 39.400,14 (Klage: EUR 27.606,02; Aufrechnung: EUR 5.430,00, Widerklage: EUR 6.364,12).
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gerichteten Willenserklärung des Klägers.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Die Zuständigkeit des Landgerichts ergebe sich aus § 29 Abs. 1 ZPO. Die Klage sei jedoch unbegründet. Der Kläger habe seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung nicht wirksam widerrufen, da im Zeitpunkt des Widerrufs die zweiwöchige Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen sei. Dem Kläger seien alle notwendigen Pflichtabgaben erteilt. Die Pflichtangaben befänden sich entweder im Darlehensvertrag, der Widerrufsinformation, der Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite, den Auszahlungsbedingungen oder den Allgemeinen Darlehensbedingungen. Die sonstigen Kosten ergäben sich aus den Angaben in den Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite unter 3. in Verbindung mit dem Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten. Es sei nicht zu beanstanden, den Verzugszinssatz in Anlehnung an den Gesetzestext von § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB im Rahmen der Ziffer 3.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen darzustellen. Die Widerrufsinformation entspreche auch dem Muster in Anlage 7 zum EGBGB. Der Text der Belehrung zu den Widerrufsfolgen entspreche der Formulierung im Muster. Darüber, dass im Falle eines verbundenen Vertrages im Sinne des § 358 BGB die Zinszahlungspflicht und die Pflicht zur Darlehensrückzahlung binnen 30 Tagen an die Beklagte gerade nicht bestehe, werde in der Widerrufsinformation unter "Besonderheiten bei weiteren Verträgen" ausdrücklich entsprechend dem Muster hingewiesen. Dort werde auch darauf hingewiesen, dass im Falle der bereits erfolgten Auszahlung des Darlehens der Darlehensgeber im Verhältnis zum Darlehensnehmer hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Vertragspartners aus dem weiteren Vertrag eintrete. Selbst wenn die Pflichtangabe der Tageszinsen in Höhe von EUR 2,03 fehlerhaft sei, hindere dies nicht den Beginn des Laufs der Widerrufsfrist. Der Auffassung des Klägers, er schulde keine Zinsen, wenn der Darlehensbetrag direkt an den Verkäufer gezahlt worden sei, liege ein unzutreffendes Normverständnis zugrunde. Der Kläger habe hier nicht die Willenserklärung auf den Abschluss des Kaufvertrages widerrufen. § 358 Abs. 1 BGB sei daher nicht einschlägig. Der Kaskadenverweis in der Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB sei klar und verständlich. Der Kläger könne sich für den hiesigen Vertrag auch nicht darauf berufen, dass die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB nicht greife, da in der Widerrufsinformation nicht abgeschlossene Verträge aufgeführt seien. Ausweislich der Widerrufsinformation seien die Hinweise nur im Hinblick auf die tatsächlich abgeschlossenen Verträge erteilt. Es begegne keinen Bedenken, wenn Pflichtangaben in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Darlehensgebers enthalten seien, ohne dass ein expliziter Hinweis hierauf im Vertragstext erforderlich wäre. Auch die Angabe einer absoluten Höhe des Verzugszinssatzes sei nicht erforderlich, weil durch die Angabe fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz klar erkennbar sei, in welcher Höhe sich der zu bemessende Zins belaufe. Eine exakte Angab...