Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 14 HKO 154/17 Kart) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Kiel vom 22. Dezember 2017 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Die Verfügungsbeklagte wird im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, das Verfahren zum Abschluss eines neuen Wegenutzungsvertrages nach § 46 Abs. 2 EnWG für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Elektrizitätsversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, auf der Basis der Verfahrensbriefe vom 14. September 2016 ("1. Verfahrensbrief") und 4. August 2017 ("2. Verfahrensbrief") fortzusetzen, soweit sie darin
die Kriterien "Finanzausstattung", "Sachausstattung", "Personalausstattung" und "Erfahrung als Netzbetreiber" (A. I. 1. bis I.4. ihrer Bewertungsmatrix) im 2. Verfahrensbrief als Unter-kriterien zur Untergruppe I "Versorgungssicherheit" führt,
das Kriterium "Sicherungsvorkehrungen zur Vermeidung von Schadensereignissen" (A. I. 5. c) in den Erläuterungen im 2. Verfahrensbrief ohne Gewichtung in die Aspekte einer "rein netzbezogenen Ausstattung und sonstiger Sicherheitsvorkehrungen, wie z. B. Arbeitssicherheit o. ä." einerseits als auch einer "bedarfsgerechten Befriedigung der Nachfrage nach Energie im Konzessionsgebiet" andererseits differenziert,
die Kriterien "sonstige Maßnahmen/Serviceleistungen zur Förderung der Verbraucherfreundlichkeit" (III. 1 d) und "sonstige Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen" (IV. 5.) ohne konkretere weitere Erläuterungen führt und sie
das Kriterium "Sicherung von Anlagen bei Arbeiten an Versorgungsanlagen" (B II. 5.) ohne nachvollziehbare Erläuterung denkbarer Inhalte unter den Kriterien für den erwarteten Konzessionsvertragsentwurf führt.
Im Übrigen wird der Antrag der Verfügungsklägerin vom 9. Oktober 2017 zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Verfügungsklägerin 2/3 und die Verfügungsbeklagte 1/3.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Rügen, die die Verfügungsklägerin zum Verfahren der Vergabe eines neuen Wegenutzungsvertrags für das Stromnetz auf dem Gemeindegebiet der Verfügungsbeklagten ausgebracht hat, das gegenwärtig noch sie, die Verfügungsklägerin, betreibt.
Nach der Bekanntmachung des Auslaufens des Konzessionsvertrags zu Ende 2017 im Dezember 2015 ließ die Verfügungsbeklagte von ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten einen 1. Verfahrensbrief vom 14. September 2016 (Anlage ASt 2) erstellen, hinsichtlich dessen die Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 29. September 2016 (Anlage ASt 3) und - erneut nach Einführung der präklusionsbewehrten Rügeobliegenheit des § 47 EnWG - mit Schreiben vom 18. April 2017 (Anlage ASt 6) verschiedene Rügen ausbrachte. Mit Schreiben vom 4. August 2017 (Anlage ASt 7) ließ die Verfügungsbeklagte erklären,
man habe sich aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen, der bislang ergangenen Rechtsprechung sowie der Rüge dazu entschieden, das laufende Konzessionsverfahren den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen und damit der Rüge im Wesentlichen - mit Ausnahme der Kritik an der Abfrage der zukünftigen Netznutzungsentgelte und der unterlassenen Abfrage des Effizienzwertes sowie der Rüge der Intransparenz der Bewertungsmethode, der gegenüber die relative Bewertungsmethode für zulässig erachtet werde - abzuhelfen.
In dem zweiten Verfahrensbrief vom selben Tage (Anlage ASt 8) hat sie mitgeteilt, sie habe
sich dazu entschlossen, eine modifizierte Fassung der Matrix, der Erläuterungen der Auswahlkriterien sowie der Bewertungsmethode dem laufenden Auswahlverfahren zugrunde zu legen. Die Matrix ist insgesamt transparenter gestaltet. Viele Kriterien sind bereits aus sich selbst heraus verständlicher dargestellt und aufgeschlüsselt. (...) Auch sind die Gewichtungen leicht angepasst worden. Die Erläuterungen sind in einer gesonderten Anlage zur Matrix aufgeführt. Diese enthalten Konkretisierungen, die entsprechend zu beachten sind.
Die Matrix im 1. Verfahrensbrief (Anlage ASt 2) umfasste 27 mit einzelnen Punkten belegte Kriterien. Nunmehr waren es 43 Punkte wie folgt:
Hauptgruppe A "Erreichung der Ziele des § 1 EnWG" (max. 700 Punkte) |
Untergruppe |
Kriterium |
Unterkriterium |
Gewichtung/ Höchstpunktzahl |
I. Versorgungssicherheit (28%) |
1. Finanzausstattung |
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1/10 |
2.Sachausstattung |
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1/10 |
3. Personalausstattung |
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1/10 |
4. Erfahrung als Netzbetreiber |
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1/10 |
5. Störungsvermeidung |
a) Zügige und wirksame Störungsbeseitigung |
5/50 |
b) Störungshäufigkeit, Ausfallzeiten und -dauer |
5/50 |
c)Sicherheitsvorkehrungen zur Vermeidung von Schadensereignissen |
5/50 |
6. Instandhaltungsstrategie |
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5/50 |
7. Investitions- und Modernisierungsstrategie |
a) Maßnahmen zur Steigerung der Versorgungssicherheit |
2/20 |
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