Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung eines Testamentsvollstreckers. Vergütung. Testamentsvollstrecker. Neue Rheinische Tabelle
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bestimmung der angemessenen Vergütung des Testamentsvollstreckers kann - wenn auch nicht schematisch - die sog. Neue Rheinische Tabelle als Anhalt herangezogen werden. Das gilt auch bei überdurchschnittlich werthaltigen Nachlässen (hier: Bruttonachlasswert von über 3 Millionen EUR).
2. Bemessungsgrundlage für die Regelvergütung des Testamentsvollstreckers unter Berücksichtigung der Neuen Rheinischen Tabelle ist der Bruttonachlasswert, wenn die Vollstreckungstätigkeit auch die Schuldenregulierung umfasst. Eine Erhöhung des Bruttonachlasswertes um die Vorausempfänge der Erben findet nicht statt. Vielmehr ist die etwaige Befassung des Testamentsvollstreckers mit der Problematik der Vorausempfänge im Rahmen von Zuschlägen bei der rechnerischen Bestimmung der einheitlichen Vergütung zu berücksichtigen.
3. Eine Verwirkung des Vergütungsanspruchs kommt nur bei schwerwiegenden vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstößen des Testamentsvollstreckers gegen seine Amtspflichten in Betracht.
Normenkette
BGB § 2221
Tatbestand
Der Kläger begehrt als Testamentsvollstrecker der im Herbst 2005 verstorbenen Erblasserin die Feststellung, dass er berechtigt sei, dem Nachlass einen Betrag i.H.v. 231.000 EUR als Testamentsvollstreckervergütung zu entnehmen. Die beklagte Miterbin ist dem entgegengetreten. Sie meint, die Ansätze des Klägers seien ohnehin wesentlich zu hoch, insbesondere habe er aber einen Vergütungsanspruch wegen verschiedener Pflichtverletzungen verwirkt.
Das LG hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Es hat zwar die Neue Rheinischen Tabelle des Deutschen Notarvereins aus dem Jahr 2000 herangezogen jedoch ausgeführt, der Vergütungsgrundbetrag betrage hier nicht - wie dort vorgesehen - zwei Prozent des Bruttonachlasswertes von rund 3,2 Mio. EUR, vielmehr sei jedenfalls ab einem Nachlasswert von mehr als 2,5 Millionen EUR lediglich ein Prozent des Bruttonachlasswertes als angemessene Vergütungsgrundlage anzusehen. Sonst bestehe kein vernünftiges Wertverhältnis unter Berücksichtigung der möglichen Zuschläge zwischen Testamentsvollstreckervergütung und Nachlasswert.
Zu diesem Grundbetrag seien drei Zuschläge zu addieren, und zwar für eine besonders aufwendige Grundtätigkeit (Mittelgebühr von 60 % des Vergütungsgrundbetrages = 19.324,86 EUR), für die Auseinandersetzung (Mindestgebühr von 20 % = 6.441,62 EUR) und für die verhältnismäßig aufwendigen und schwierigen Gestaltungsaufgaben (Mindestgebühr von 20 % = 6.441,62 EUR). Die angemessene Vergütung belaufe sich somit auf 64.416,20 EUR (bzw. 76.655,28 EUR mit Mwst.).
Die Beklagte könne dem den Einwand der Verwirkung nicht entgegen halten. Selbst nach dem Vortrag der Beklagten sei ein grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtenverstoß des Klägers nicht ersichtlich.
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien. Während die Berufung der Beklagten erfolglos geblieben ist, hatte die Berufung des Klägers teilweise Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat zum Teil Erfolg. Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Der Kläger hat gem. § 2221 BGB einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung für die Führung des Amts als Testamentsvollstrecker i.H.v. 122.647,35 EUR.
1. Das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus der Unbestimmtheit der Höhe der Testamentsvollstreckervergütung. Steht die Höhe der Vergütung nicht aufgrund der Anordnung des Erblassers oder aufgrund einer Vereinbarung fest, kann sie nicht vom Testamentsvollstrecker selbst bindend bestimmt werden; vielmehr ist sie durch das Prozessgericht festzusetzen (OLG Köln, Beschl. v. 19.3.2007 - 2 U 126/06, ZEV 2008, 335; MK/Zimmermann, 4. Aufl. 2004, § 2221 Rz. 7).
2. Der Vergütungsanspruch bestimmt sich in erster Linie nach dem Willen des Erblassers. Die Testamente der Erblasserin enthalten keine Bestimmungen zur Vergütung des Testamentsvollstreckers ...
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4. Die Höhe der angemessenen Vergütung i.S.v. § 2221 BGB richtet sich nach den vom BGH entwickelten und inzwischen allgemein anerkannten Grundsätzen. Danach ist maßgebend der Pflichtenkreis, der dem Testamentsvollstrecker im Rahmen der Vergütung von Todes wegen nach dem Gesetz obliegt, der Umfang seiner Verantwortung und die von ihm geleistete Arbeit, wobei die Schwierigkeit der gelösten Aufgaben, die Dauer der Abwicklung oder Verwaltung, die Verwertung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen wie auch die Bewährung einer sich im Erfolg auswirkenden Geschicklichkeit zu berücksichtigen sind. Dabei ist die Berechnung der Vergütung nach Bruchteilen des Nachlasswerts möglich und im Grundsatz der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden förderlich. Solche Richtsätze dürfen jedoch nicht schematisch angewandt werden. Sie geben in der Regel nur einen Anhalt für Fälle, in denen der Testamentsvollstrecker die üblichen Aufgaben erfüllt (BGH, Besc...