Verfahrensgang

LG Kiel (Entscheidung vom 23.07.2010; Aktenzeichen 9 O 269/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 23. Juli 2010 - Az. 9 O 269/09 - geändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 175.343,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. November 2009 abzüglich am 6. Mai 2011 gezahlter 100.000,00 EUR zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen über den ausgeurteilten Betrag hinausgehenden Schaden, insbesondere die anfallende Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe, zu erstatten, der der Klägerin durch die Beseitigung der Mängel an der Dachfläche über dem Gebäude 12 des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in K., K. Allee 120, entsteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten beider Rechtszüge tragen die Klägerin 31% und die Beklagte 69%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr ursprüngliches Klagbegehren, das auf Schadensersatzansprüche gegen den bauaufsichtsführenden Architekten gerichtet ist, weiter.

Gemäß Architektenvertrag vom 11. November/25. November 2002 übertrug die Klägerin der Beklagten die Leistungsphasen 6 bis 8 des § 15 HOAI (in der Fassung vom 21. September 1995) und damit insbesondere die Objektüberwachung. Im Jahr 2004 beauftragte die Klägerin die Firma M. GmbH mit der Ausführung von Dacheindeckungsarbeiten am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Gebäude 12, in K.. Nach Fertigstellung dieser Dacheindeckungsarbeiten wurden diese am 27. Januar 2005 abgenommen und von der vorgenannten Firma mit der Schlussrechnung vom 27. Januar 2005 abgerechnet. Anfang 2007 stellte sich sodann nach mehreren kleinen Sturmschäden heraus, dass die Dachdeckungsarbeiten nicht vertragsgerecht durchgeführt wurden. Insbesondere erfolgte die Verklammerung der Dachsteine nicht entsprechend dem abgeschlossenen Bauvertrag mit der M. GmbH. Nach dem Leistungsverzeichnis war in Position 01.03.0016 vertraglich vereinbart:

"Befestigen der Dachdeckung im Flächenbereich, versetzt, an jedem zweiten Dachstein mit Klammern, aus nichtrostendem Stahl DIN 17440, Werkstoff-Nr. 1.4301"

Diese als Eventualposition angebotene Leistung, war zwischen der Klägerin und der M. GmbH vereinbart worden. Sie wurde entsprechend auch mit der Schlussrechnung vom 27. Januar 2005 gegenüber der Klägerin abgerechnet. Tatsächlich wurden nach den Sturmschäden jedoch weniger Klammern an der Dachfläche festgestellt worden sowie eine unsachgemäße Ausführung der Verklammerung. Nach einer entsprechenden Rüge der Klägerin gegenüber der Beklagten erklärte die Beklagte, dass im Rahmen der Bauleitungstätigkeit keine mangelhafte Verklammerung festgestellt worden sei.

Die Klägerin hat ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet, in dem die Dachflächen durch den Sachverständigen O. untersucht worden sind. Hinsichtlich der Feststellungen des Sachverständigen O. wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 10. Juni 2008 sowie auf die schriftlichen Zusatzgutachten vom 13. Oktober 2008 und 5. Februar 2009 zum Aktenzeichen 9 OH 48/07 verwiesen. Der Sachverständige O. hat in seinem Gutachten vom 10. Juni 2008 festgestellt, dass die Dachsteine nicht wie in der Position 01.03.0016 vorgegeben versetzt, sondern senkrecht übereinander verklammert worden seien und zwischen den orthogonalen Reihen der befestigten Steine 1, 2 oder 3 Reihen von Steinen ohne Befestigung lägen. Des Weiteren hat der Sachverständige festgestellt, dass entgegen der vertraglichen Vorgabe überwiegend nicht jeder zweite Stein verklammert worden sei. Ferner seien keine Klammer aus nichtrostendem Stahl verwendet worden, sondern verzinkte Eisendrahtklammern.

Diese im selbstständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel sind zwischen den Parteien im Rechtsstreit unstreitig geblieben.

Zwischen den Parteien war in erster Instanz insbesondere streitig, ob die festgestellten Mängel auf eine mangelhafte Bauaufsicht durch die Beklagte zurückzuführen seien, insbesondere ob die Beklagte im Rahmen der ihr übertragenen Bauaufsicht verpflichtet war, die ordnungsgemäße Verklammerung der Dachsteine und die Verwendung der vereinbarten Klammern zu überwachen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 261.156,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtlichen über den von Ziffer 1. bezifferten Klagantrag hinausgehenden Schaden, insbesondere die anfallende Umsatzsteu...

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