Verfahrensgang
LG Lübeck (Aktenzeichen 2 O 116/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 05.02.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 582.730,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. aus 87.720,20 EUR -.und zwar die Beklagten zu 1) und 2) ab dem 09.07.2015, der Beklagte zu 3) ab dem 13.07.2015 - und aus weiteren 495.010,20 EUR ab dem 30.07.2015 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle zukünftigen materiellen Schäden aus dem Radfahrunfall des Herrn C1 T1 (geb.) vom 15.06.2012 gegen 17:30 Uhr auf dem vom H.......... abzweigenden Feldweg der Gemeinde _____ B1 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche auf die Klägerin übergegangen sind.
3. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen des Revisionsverfahrens (BGH III ZR 250/17) tragen die Klägerin 4,5 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch 95,5 %.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht jeweils die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht (§§ 76 BBG in Verbindung mit § 30 SG) Schadensersatzansprüche des ehemaligen Marineoffiziers C1 T1 (geboren) geltend, die aus einem schweren Radfahrunfall resultieren, der sich am 15. Juni 2012 in der Gemeinde _____ B1 (Feldweg, Abzweigung vom H..........) ereignet hat. Der Geschädigte war als () an der Bundeswehr-Universität in H1 tätig. Bei der Klägerin handelt es sich um den ehemaligen Dienstherrn des Geschädigten.
Am Unfalltag (15. Juni 2012) unternahm der Geschädigte T1 mit seinem neuen Mountainbike der Marke "C...................", das er erst rund 6 Wochen besaß und mit dem er regelmäßig zur Arbeit fuhr, nach Feierabend eine ausgedehnte Fahrradtour, um die Umgebung zu erkunden. Der Geschädigte wog zum Unfallzeitpunkt 103 kg, das Fahrrad war mit sog. Klickpedalen ausgestattet, die er bei der Radtour auch genutzt hat.
Dabei kam er auch in das Gebiet der Gemeinde B1. Dort befuhr er gegen 17:30 Uhr auf dem Rückweg Richtung R1 den H.........., um von dort aus in einen unbefestigten Feldweg abzubiegen, bei dem es sich - wie der Geschädigte anhand seines Navigationsgeräts wusste - tatsächlich um eine Sackgasse handelte, die in einem Waldstück endete. Der Weg war dem Geschädigten bis dahin nicht bekannt, über die Örtlichkeiten hatte er sich allerdings mittels einer Karten-App auf seinem I-Phone kundig gemacht.
Nach rund 50 m befand sich quer zum Feldweg ein sogenanntes Ziehharmonika-Heck, das der ehemalige Jagdpächter, Herr S.........., bereits Ende der 80er Jahre mit Zustimmung der Gemeinde B1 errichtet hatte. Die Gemeinde wollte damit illegalen Müllentsorgungen in der Feldmark vorbeugen und der Jagdpächter wollte mit der Absperrung die Einrichtung eine Ruhezone für das Wild erreichen. Bei den Beklagten zu 2) und 3) handelt es sich um die zum Unfallzeitpunkt verantwortlichen Jagdpächter des Reviers. Bei dem Ziehharmonika-Heck handelte es sich um eine Absperrvorrichtung mit zwei verzinkten Stacheldrähten in Höhe von 57 und 91 cm (vom Erdboden aus gemessen), die in der Mitte zwei Holzlatten hielten, an denen das Verkehrszeichen 260 (Verbot für mehrspurige Kraftfahrzeuge und für Krafträder) befestigt war. Die Stacheldrähte waren auf der linken Seite fest an einem Pfosten angeschlagen und auf der rechten Seite an einem dickeren Holzstab befestigt, der mittels einer kunststoffummantelten Drahtschlaufe an einem fest im Boden verankerten Holzpfosten befestigt war, dort aber gelöst werden konnte. Der Feldweg, auf dem sich die vorgenannte Absperrung befand, gehört zum Eigentum der Beklagten zu 1). Der ehemalige ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde B1, der Zeuge A1 J1 (bis 2013 ehrenamtlicher Bürgermeister), hatte regelmäßig (circa 2-3 Mal vierteljährlich) nach der Absperrung geschaut. Auch die Beklagten zu 2) und 3) nutzten regelmäßig als Jagdpächter die vorgenannte Absperrung, um zu der dahinter gelegenen Wildwiese zu gelangen, auf der sich ihr grüner Jagdwagen befand (vgl. Lichtbild Bl. 148 der Ermittlungsakte Staatsanwaltschaft Lübeck, Az.: ≪leer≫). Der Geschädigte T1 bemerkte den quer über den Weg gespannten, doppelten Stacheldraht zu spät. Es gelang ihm nicht mehr, sein Mountainbike rechtzeitig vor der Absperrung zum Stillstand zu bringen. Ausweislich der Ermittlungsakte befand sich "circa 2 m vor dem Stacheldraht eine Bremsspur mit einer Länge von circa 1,10 m". Der Geschädigte stürzte kopfüber links des Verbotsschildes in den Stacheldrahtzaun und blieb mit ...