Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersetzung der Zustimmung zur Kündigung
Verfahrensgang
VG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 01.11.1993; Aktenzeichen PB 22/93) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – Personalvertretungskammer (Bund) – vom 01. November 1993 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin, eine Ev.-Luth. Kirchengemeinde, beantragt die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung ihrer Mitarbeitervertretung (Beteiligte zu 1)) zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2), einer Gemeindehelferin.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluß vom 01. November 1993 abgelehnt. Es hat zur Begründung ausgeführt, daß der Rechtsweg vor den staatlichen Gerichten gegeben sei. Nach § 23 des Kirchengesetzes über die Mitarbeitervertretung (MAVG) der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche in der Fassung vom 20. Januar 1985 (GVOBl. S. 57) richte sich der Kündigungsschutz der Mitglieder der Mitarbeitervertretung nach den Vorschriften des staatlichen Kündigungsschutzrechtes für die Kündigung von Mitgliedern der Personalvertretung in der jeweils geltenden Fassung. Mit dieser Bestimmung werde auf die Vorschrift des § 108 BPersVG verwiesen. Danach bedürfe die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern der Personalvertretung der Zustimmung der zuständigen Personalvertretung. Verweigere diese ihre Zustimmung, so könne das Verwaltungsgericht sie auf Antrag des Dienststellenleiters ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt sei.
Der zulässige Antrag sei jedoch unbegründet, weil die Antragstellerin das Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes nicht schlüssig dargelegt habe, was im einzelnen ausgeführt wird. Hiergegen richtet sich die am 29. November 1993 eingelegte und am 31. Dezember 1993 begründete Beschwerde.
Sämtliche Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Doch kommt es im Gegensatz zu seiner Auffassung auf die Begründetheit des Antrages nicht an, da er von vornherein unzulässig war.
Bei Streitigkeiten, bei denen es ausschließlich um die Anwendung kirchlicher Mitarbeitervertretungsrechte geht, ist die Zuständigkeit staatlicher Gerichte generell ausgeschlossen. In diesem Bereich ist allein die Kirche zur Rechtsetzung und zur Kontrolle des von ihr gesetzten Rechtes befugt. Die Befugnis zur Rechtsetzung folgt dabei unmittelbar aus der verfassungsrechtlich garantierten Autonomie der Kirchen gem. Art. 140 GG, 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung. Diese Rechtsetzungsbefugnis umfaßt auch die Kompetenz zur Rechtskontrolle in eigener Verantwortung (LAG Nds., KirchE 22, 40, 42 m.w.N).
Bei Streitigkeiten aus der Anwendung des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts handelt es sich dabei um personalvertretungsrechtliche Streitigkeiten im Bereich der Kirche, für die staatliche Gerichte nicht zuständig sind. Insoweit hat das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht die Qualität von Kirchenrecht, und der Erlaß von Mitarbeitervertretungsordnungen fällt in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht.
Ob und in welchem Umfang die Kirchen von ihrer verfassungsmäßig garantierten Befugnis zur Rechtsetzung und Rechtskontrolle Gebrauch machen, unterliegt der staatlichen Überprüfung aufgrund des Vorbehaltes in Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung insoweit als ein für alle geltendes Gesetz verletzt ist. Für den Bereich des Mitarbeitervertretungsrechtes besteht aber kein schrankenziehendes Gesetz, das durch die Regelungen der Mitarbeitervertretungsordnung verletzt sein könnte, denn nach § 112 BPersVG findet dieses Gesetz keine Anwendung auf Religionsgesellschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform; ihnen bleibt die selbständige Ordnung eines Personalvertretungsrechtes überlassen. Diese Ausnahmeregelung stellt die Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Gebots aus Art. 140 GG, 137 Abs. 3 WRV durch den Gesetzgeber dar (BVerfG, Beschluß vom 11.10.1977 – 2 BvR 209/76, BVerfGE 46, 73 ff (95)). Aus alledem ergibt sich, daß eine originäre Kontrollbefugnis staatlicher Gerichte im Bereich der kirchlichen Mitarbeitervertretung nicht gegeben ist.
Von dieser Auffassung ist offensichtlich auch das Verwaltungsgericht stillschweigend ausgegangen. Es hat jedoch aus § 23 MAVG, den es als Verweisungsvorschrift angesehen hat, eine abgeleitete Zuständigkeit hergeleitet. Ob diese Vorschrift überhaupt eine Verweisung beabsichtigt, kann dahingestellt bleiben, denn auf jeden Fall ginge sie ins Leere. Ebensowenig wie der Staat befugt ist, in innerkirchliche Angelegenheiten einzugreifen, können die Kirchen ohne weiteres die Zuständigkeit staatlicher Gerichte bestimmen. Hierzu bedarf es vielmehr einer staatlichen Zustimmung und Ermächtigung, wie sie z. B. in ...