Entscheidungsstichwort (Thema)

Heranziehung zu Beiträgen betrieblicher Insolvenzsicherung

 

Verfahrensgang

VG Schleswig-Holstein (Urteil vom 10.10.1990; Aktenzeichen 12 A 52/89)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 12. Kammer – vom 10. Oktober 1990 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine …, wendet sich gegen ihre Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zur Insolvenzsicherung an den Beklagten.

Die Klägerin gewährt ihren Bediensteten betriebliche Altersversorgung. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3610) gab sie von 1975 bis 1980 jährlich rechtzeitig auf den von dem Beklagten vorgeschriebenen Erhebungsbögen die Beitragsbemessungsgrundlagen an. Sie übersandte die Erhebungsbögen jeweils mit einem Begleitschreiben des Inhalts, daß sie die Beitragspflicht nicht anerkenne, weil sie nicht insolvenzsicherungspflichtig sei, und wies darauf hin, daß sie gegen einen ihr zugehenden Beitragsbescheid das zulässige Rechtsmittel einlegen werde.

Seit dem 1. Januar 1981 haften gemäß § 40 Abs. 2 des Schleswig-Holsteinischen Sparkassengesetzes (SparkG) in der Fassung vom 15. Dezember 1980 (GVOBl. S. 351) für die Verbindlichkeiten der Klägerin das Land Schleswig-Holstein und der Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein als Gesamtschuldner. Seither gibt die Klägerin keine Erhebungsbögen mehr ab. Auch der Beklagte geht davon aus, daß die Klägerin seit Inkrafttreten der gesetzlichen Änderung von der Insolvenzsicherungspflicht befreit ist.

Durch Bescheid vom 19. Juli 1988 forderte der Beklagte von der Klägerin für die Jahre 1975 bis 1980 Beiträge zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung in Höhe von insgesamt 349.770,19 DM an. Die Klägerin erhob hiergegen am 11. August 1988 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 1989 als unbegründet zurückwies.

Die Klägerin hat am 15. Februar 1989 Klage erhoben und die Ansicht vertreten, nachdem – seit dem 01. Januar 1981 – gesetzlich festgelegt sei, daß das Land Schleswig-Holstein für ihre Verbindlichkeiten hafte, sei sie gemäß § 17 Abs. 2, 2. Alternative BetrAVG auch für vorangegangene Beitragsjahre von der Insolvenzsicherungspflicht befreit. Abzustellen sei darauf, daß der angefochtene Beitragsbescheid nach der Rechtsänderung ergangen sei. Dem Beklagten fehle es nunmehr an einer Rechtsgrundlage, im Jahre 1988 Beitragspflichten für die Jahre 1975 bis 1980 zur Entstehung zu bringen. Die Beitragsforderung sei darüberhinaus verjährt. Bei einer analogen Anwendung steuerrechtlicher Verjährungsvorschriften sei zunächst auf die §§ 143 ff Reichsabgabenordnung und ab Inkrafttreten der Abgabenordnung 1977 auf die §§ 149 bis 171 Abgabenordnung abzustellen. Jedenfalls sei aber § 197 BGB anwendbar. Die Verjährungsfrist beginne mit dem Ablauf des jeweiligen Erhebungszeitraums. Für das letzte Beitragsjahr sei die Verjährung damit am 01. Januar 1985 eingetreten. Im Hinblick darauf, daß die Klägerin sich von Anfang an gegen ihre Beitragspflicht gewehrt habe, könne die Geltendmachung des Verjährungseinwandes nicht als treuwidrig angesehen werden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 19. Juli 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 1989 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, der Beitragsanspruch entstehe erst mit dem Bescheid über die Festsetzung des Beitrags gemäß § 10 Abs. 2 S. 3 BetrAVG und verjähre in 30 Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Beitragsbescheides.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 10. Oktober 1990 der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt; Der Beklagte sei zwar nicht gehindert gewesen, mit Beginn des Jahres 1981 Heranziehungsbescheide für zurückliegende Zeiträume zu erlassen, die Beitragsforderungen seien jedoch zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 19. Juli 1988 bereits verjährt gewesen. Insoweit seien die Regeln zur Festsetzungsverjährung in § 169 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 170 Abs. 2 Ziff. 1 der Abgabenordnung anzuwenden. Für den Beginn der Festsetzungsverjährungsfrist sei gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO auf den Ablauf des Kalenderjahres abzustellen, in dem die Klägerin der Beklagten die Höhe der Beitragsbemessungsgrundlagen mitgeteilt habe. Danach schließe sich gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO eine 4-jährige Verjährungsfrist an, die hier verstrichen sei. Eine Verwirkung der Verjährungseinrede sei nicht anzunehmen.

Gegen dieses ihm am 27. Oktober 1990 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 6. November 1990 Ber...

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