Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Exemplarische Aufzählung
Rz. 413
Durch die Formulierung "oder eine ähnliche Tätigkeit", wird deutlich, dass die Aufzählung der Tätigkeiten, auf die das RVG nicht anwendbar ist, nicht abschließend ist; sie hat lediglich exemplarischen Charakter. Es handelt sich um Tätigkeiten, die häufig ehrenamtlich oder in erheblichem Umfang auch von Nicht-Rechtsanwälten erledigt oder die nicht im Auftrag oder im Interesse einer Partei ausgeführt werden. Ähnliche Tätigkeiten i.S.v. § 1 Abs. 2 liegen regelmäßig vor, wenn diese Kriterien bejaht werden können.
b) Beispielsfälle
Rz. 414
So gilt das RVG bspw. nicht für den nach GmbH-Recht bestellten Liquidator oder den Liquidator einer OHG, für den Abwickler gem. § 265 Abs. 2 AktG oder eines aufgelösten Vereins (Notabwickler), für den Zustellungsbevollmächtigten, für die Vertreter von Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden, von denen sich die Parteien in Verfahren vor dem Arbeits- oder Sozialgericht vertreten lassen können. Auch auf den Sequester findet das RVG keine Anwendung; seine Vergütung außerhalb des RVG ist umstritten. Überwiegend wird die Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV) herangezogen (vgl. Rdn 389 ff.). Da der Sequester seine Vergütung mit dem Antragsteller vereinbaren kann, ist der Abschluss einer solchen Vereinbarung zu empfehlen.
c) Vertreter im Flurbereinigungsverfahren
Rz. 415
Gem. § 119 Abs. 3 FlurbG hat der gerichtlich bestellte Vertreter im Flurbereinigungsverfahren gegen den Rechtsträger der Behörde, die um seine Bestellung ersucht hat, einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung und auf die Erstattung seiner baren Auslagen. § 119 Abs. 3 FlurbG regelt diesen Vergütungsanspruch abschließend. Wegen der sachlichen Nähe einer Vertretung im Flurbereinigungsverfahren zur Abwesenheitspflegschaft kommen die auf der Grundlage des § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB üblichen Stundensätze als Orientierungshilfe für eine angemessene Vertretervergütung in Betracht. Bei Bestellung eines Rechtsanwalts zum Vertreter sind dabei auch die Kosten für die personelle und sächliche Ausstattung einer Anwaltskanzlei zu berücksichtigen.
Rz. 416
Allerdings können auch die von § 1 Abs. 2 S. 2 erfassten ähnlichen Tätigkeiten (siehe Rdn 414) zu einem Vergütungsanspruch nach dem RVG führen, wenn solche Aufgaben wahrgenommen worden sind, zu deren sachgerechter Erledigung auch ein in dem jeweiligen Tätigkeitsbereich erfahrener Nichtjurist einen Rechtsanwalt hinzuziehen müsste (vgl. Rdn 164). Denn der in dieser Bestimmung enthaltene und originär nur für den Vormund geltende Rechtsgedanke ist nach der Rechtsprechung des BGH auf die übrigen von § 1 Abs. 2 S. 2 erfassten Tätigkeiten sinngemäß zu übertragen. Auf Rdn 164 ff. wird verwiesen.