a) Zustandekommen des Vertrags

 

Rz. 14

Das Zustandekommen des Anwaltsvertrags richtet sich ebenfalls nach allgemeinen Regeln (§§ 145 ff. BGB). Die Wahrung einer bestimmten Form ist dabei nicht erforderlich, ebenso wenig die Erteilung einer schriftlichen Vollmacht. Ein konkludenter Vertragsschluss ist möglich,[9] begründet jedoch für den Anwalt bei der Durchsetzung seiner Ansprüche gegen den Mandanten eine gesteigerte Substantiierungspflicht.[10] Der Antrag auf Abschluss eines Mandatsvertrags ist dem Anwalt zugegangen, sobald er in seinen Bereich gelangt ist und er unter normalen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat und diese nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist. Jeder in einer Anwaltskanzlei tätige Jurist ist legitimiert, Mandatsanträge entgegenzunehmen.

[9] BGH 21.3.1991 – IX ZR 186/90, NJW 1991, 2084, 2085; BGH 17.3.1988 – IX ZR 43/87, NJW 1988, 2880 f.
[10] Samimi, zfs 2005, 324 m.w.N.

b) Angebot zum Vertragsschluss

 

Rz. 15

Erscheint ein Mandant beim Anwalt und schildert einen Lebenssachverhalt, liegt darin regelmäßig das Angebot zum Abschluss eines Anwaltsvertrags, der zumindest eine Beratung über die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung zum Gegenstand hat. In der bloßen Entgegennahme der Informationen liegt jedoch noch keine Annahme dieses Angebots.[11] Vielmehr benötigt der Rechtsanwalt diese Daten, um überhaupt entscheiden zu können, ob er das Angebot seines potentiellen Auftraggebers annimmt. Die bloße Entgegennahme von Sachverhaltsinformationen, aus denen der Anwalt ein Schreiben verfassen kann, begründet daher noch keinen Vergütungsanspruch.[12]

[11] So auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 1 Rn 74.

c) Rechtsbindungswille des Mandanten

 

Rz. 16

Ein Vertrag kann nur dann zustande kommen, wenn der Mandant Rechtsbindungswillen hatte.[13] Das kann vor allem bei Tätigkeiten für Freunde oder Bekannte oder bei Anfragen im Rahmen geselliger Anlässe problematisch sein. Maßgeblich dafür, ob Rechtsbindungswille vorliegt, ist, ob der Adressat unter gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen Rechtsbindungswillen seines Partners schließen musste.[14] Gegen die Annahme eines Vertrags spricht der Bagatellcharakter der Angelegenheit oder der Umstand, dass die Anfrage an den Anwalt in Gesellschaft erfolgte.[15] Hat der Anfragende hingegen auf die Verlässlichkeit des anwaltlichen Rates vertraut und diesen zur Grundlage seiner (weiteren) Dispositionen gemacht, ist regelmäßig von einem Rechtsbindungswillen auszugehen.[16] Behauptet der Mandant, es sei keine Beauftragung erfolgt, trifft den Anwalt insoweit die Darlegungs- und Beweislast.[17]

[13] Römermann/Hartung, Anwaltliches Berufsrecht, S. 174; Hartung/Römermann, § 1 Rn 9; allg. Palandt/Ellenberger, § 145 Rn 2.
[14] BGH 22.6.1956 – I ZR 198/54, BGHZ 21, 102, 106 ff.; MüKo/Kramer, BGB, Einl. §§ 241–432 Rn 32.
[15] Borgmann, BRAK-Mitt 2000, 129.
[16] BGH 21.12.1989 – IX ZR 234/88, NJW-RR 1990, 1532; OLG Köln VersR 1994, 1300.
[17] Samimi, zfs 2005, 324.

d) Kein Kontrahierungszwang

 

Rz. 17

Grundsätzlich besteht kein Kontrahierungszwang, der Rechtsanwalt ist in der Entscheidung, ob und mit wem er ein Mandatsverhältnis begründen möchte, frei.[18] Die §§ 48 bis 49a BRAO begründen jedoch im Bereich der Beiordnung, der Pflichtverteidigung und der Beratungshilfe in verfassungskonformer Weise einen Kontrahierungszwang.[19] Umgekehrt existieren in bestimmten Fällen berufsrechtliche Tätigkeits- und Vertretungsverbote (§§ 45 bis 47 BRAO, § 43a Abs. 4 BRAO i.V.m. § 3 Abs. 1 BORA).

[18] Henssler/Streck/Terlau, Handbuch Sozietätsrecht, 2001, Kap. B Rn 383; Henssler/Prütting/Henssler, § 48 BRAO Rn 3; Römermann/Hartung, Anwaltliches Berufsrecht, S. 176.
[19] OLG Hamm DB 1970, 2317, 2318; Henssler/Prütting/Henssler, § 48 BRAO Rn 4; Koch/Kilian, Anwaltliches Berufsrecht, 2007, Rn B 388.

e) Ablehnung des Mandats

 

Rz. 18

Möchte der Anwalt ein ihm angetragenes Mandat ablehnen, hat er dem Mandanten davon unverzüglich Mitteilung zu machen (§ 44 S. 1 BRAO). Unverzüglich bedeutet nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB "ohne schuldhaftes Zögern". Der Anwalt hat diesen Umstand bei seiner Büroorganisation zu berücksichtigen; Mandatsangebote müssen ihm von seinem Kanzleipersonal daher kurzfristig vorgelegt werden.[20] Verzögert der Anwalt die Mitteilung seiner Mandatsablehnung, erwächst dem Mandanten insoweit ein Schadensersatzanspruch (§ 44 S. 2 BRAO). Da § 44 S. 2 BRAO einen Sonderfall der culpa in contrahendo darstellt, haftet der Anwalt nur bei schuldhaftem Verhalten.

[20] BGH 19.4.1967 – VIII ZR 46/65, NJW 1967, 1567; Feuerich/Weyland, BRAO, § 44 Rn 9.

f) Bedingungen

 

Rz. 19

Die auf den Abschluss des Mandatsvertrages gerichteten Willenserklärungen können unter einer Bedingung abgegeben werden (§ 158 BGB). Ein praktisch häufiger Fall ist, dass der Mandant die Erteilung des Auftrags davon abhängig macht, dass sein Rechtsschutzversicherer eine Deckungszusage erteilt. Der Rechtsanwalt sollte daher mit dem Mandanten klären, ob er auch beauftragt werden soll, sofern der Rechtsschutzversicherer keine Deckung gibt. Beauftragt der ...

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