Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 138
Der Rechtsanwalt, der zugleich Notar ist, hat kein Gebührenwahlrecht. Beide Tätigkeitsbereiche überschneiden sich nicht; vielmehr sind die Berufe des Anwalts und des Notars wesensmäßig verschieden. Während der Anwalt Parteivertreter ist, übt der Notar ein öffentliches Amt aus und ist zur Unparteilichkeit verpflichtet. Die anzuwendende Gebührenordnung richtet sich mithin danach, ob eine Tätigkeit als Anwalt (dann RVG) oder als Notar (dann GNotKG) erfolgt ist. Eine Vergütung derselben Tätigkeit sowohl nach dem GNotKG als auch nach dem RVG kommt deshalb nicht in Betracht. Der Notar kann für seine notarielle Tätigkeit auch keine Vergütung nach dem RVG vereinbaren (§ 125 GNotKG).
Rz. 139
Die Abgrenzung zwischen notarieller und anwaltlicher Tätigkeit ist in § 24 BNotO geregelt.
Rz. 140
Ein Anwaltsnotar kann Handlungen auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege sowohl als Anwalt als auch als Notar vornehmen. Ziffer I. 3. der Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer sieht vor, dass der Anwaltsnotar vor Beginn seiner Tätigkeit klarzustellen hat, ob er als Anwalt oder als Notar handeln will, weil sich sowohl die Amtspflichten als auch die anfallenden Gebühren erheblich unterscheiden.
Rz. 141
§ 24 Abs. 2 BNotO regelt Zweifelsfälle, in denen ein derartiger Hinweis unterblieben ist. Hat der Anwaltsnotar eine Tätigkeit der in § 24 Abs. 1 BNotO genannten Art ausgeübt, wird unwiderleglich vermutet, dass er als Notar gehandelt hat ("ist anzunehmen"). Greift § 24 Abs. 2 S. 1 BNotO nicht ein, richtet sich die Abgrenzung nach § 24 Abs. 2 S. 2 BNotO, wonach im Zweifel anwaltliche Tätigkeit anzunehmen ist. Wenngleich diese Vorschrift einen gewissen Auslegungsspielraum lässt, handelt es sich dabei um eine feste Zuordnung, die objektiv nach dem Gesetz zu bestimmen ist und die nicht zur Disposition des Anwaltsnotars oder des Auftraggebers steht. Es soll nicht dem Zufall überlassen bleiben, ob der Auftraggeber Anwalts- oder Notarkosten zu zahlen hat. Entscheidend für die Abgrenzung ist daher der objektiv festzustellende Gegenstand des erteilten Auftrags. Wird der Auftrag dem Notar erteilt und erfolgen anschließend anwaltliche Tätigkeiten, muss der Auftraggeber darüber aufgeklärt werden, dass die Tätigkeit als Rechtsanwalt ausgeübt werden soll.
Rz. 142
Bei der Feststellung, in welcher Eigenschaft ein Rechtsanwalt und Notar bei der Erfüllung einer unter § 24 Abs. 1 BNotO fallenden Aufgabe tätig geworden ist, sind die gesamten objektiven Umstände und die Vorstellungen der an dem Geschäft beteiligten Personen zu berücksichtigen. Dabei ist von notarieller Tätigkeit auszugehen, wenn nicht einseitige Interessenwahrnehmung in Rede steht, sondern eine neutrale, unparteiische Berücksichtigung der Belange sämtlicher Beteiligten. Handlungen, die dazu dienen, eigene Amtsgeschäfte als Notar vorzubereiten oder auszuführen, können deshalb regelmäßig nicht nach dem RVG abgerechnet werden. Der Entwurf von Verträgen unterfällt deshalb nur dann dem RVG, wenn der Entwurf zunächst ohne Zusammenhang mit der später folgenden Beurkundung gefertigt worden ist. Bestand insoweit von vornherein ein Zusammenhang zwischen Entwurf und Beurkundung, liegt notarielle Tätigkeit vor.