Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
(1) Prozentsatz vom Nachlasswert
Rz. 330
Nach der Klärung der Bemessungsgrundlage und der Gebührentatbestände bedarf es für die Berechnung der konkreten Vergütung noch der Ermittlung der einschlägigen Gebührensätze. In der Praxis sind dazu verschiedene Tabellen ausgearbeitet worden, die – ausgehend von der Rechtsnatur der Vollstreckergebühr als Wertgebühr – jeweils bestimmte Prozentsätze des Nachlasses als angemessene Vergütung vorsehen. Die Tabellen sind degressiv; je höher also der Nachlasswert ist, desto niedriger ist der Prozentsatz, aus dem sich die angemessene Vergütung ergibt. Sie differenzieren nicht nach der Art der Testamentsvollstreckung und gelten nur für normale Verhältnisse und eine glatte Abwicklung; mit ihrer Hilfe wird daher nur die Grundvergütung ermittelt.
Rz. 331
Als Korrektiv für überdurchschnittliche Vollstreckertätigkeiten und/oder atypische Vollstreckungsabläufe dienen Zuschläge auf den Vergütungsgrundbetrag oder eine Aufspaltung der Vergütung in mehrere Gebühren. Im letztgenannten Fall ist stets die Angemessenheit der Gesamtvergütung maßgebend.
(2) Einzelne Tabellen
Rz. 332
Der praktische Nutzen dieser Tabellen ist ebenso umstritten wie die Frage, welche Tabelle im Einzelfall anzuwenden ist oder welche sich in der Praxis durchgesetzt hat. Zu nennen sind die Rheinische Tabelle von 1925, die "Möhring’sche Tabelle", die "Eckelskemper’sche Tabelle", die Weinrich’sche Tabelle, die "Berliner Praxistabelle" und die Neue Rheinische Tabelle. Vergleichsweise wird außerdem auf die InsVV rekurriert.
Rz. 333
Der BGH hat zwar einerseits ausgeführt, derartige Tabellen dürften in Anbetracht der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte nicht schematisch angewandt werden. Andererseits hat er aber die Rheinische Tabelle als akzeptable Grundlage für die Ermittlung der angemessenen Vergütung bezeichnet, bei deren Anwendung indes jeder Schematismus vermieden werden müsse. Das OLG Köln hat 1994 entschieden, dass die Rheinische Tabelle jedenfalls dann noch als Grundlage für die Berechnung der Vergütung des Testamentsvollstreckers herangezogen werden könne, wenn der Wert des Nachlasses wesentlich durch Immobilienvermögen bestimmt werde.
Rz. 334
Da die Kaufkraft seit der letzten Anpassung der Tabelle im Jahre 1935 gesunken ist und die nominelle Wertsteigerung der Güter wegen der Degressivität der Tabelle hierfür keinen Ausgleich schafft, dürfte heute nur noch eine angepasste Form der Tabelle – nämlich die Neue Rheinische Tabelle – zu angemessenen Ergebnissen im Rahmen des § 2221 BGB führen.
Rz. 335
Nach dieser Tabelle beträgt der Vergütungsgrundbetrag:
bis |
250.000 EUR: |
4 % |
bis |
500.000 EUR: |
3 % |
bis |
2.500.000 EUR: |
2,5 % |
bis |
5.000.000 EUR: |
2 % |
über |
5.000.000 EUR: |
1,5 % |
mindestens aber der höchste Betrag der Vorstufe.
Beispiel: Bei einem Nachlass von 260.000 EUR beträgt der Grundbetrag nicht 7.800 EUR (= 3,0 % aus 260.000 EUR), sondern 10.000 EUR (= 4 % aus 250.000 EUR).
Der Vergütungsgrundbetrag deckt die einfache Testamentsvollstreckung ab (normale Verhältnisse, glatte Abwicklung). Bemessungsgrundlage für den Vergütungsgrundbetrag ist der am Todestag des Erblassers bestehende Bruttowert des Nachlasses. Verbindlichkeiten sind nur dann vom Bruttowert des Nachlasses abzuziehen, wenn der Testamentsvollstrecker nicht mit den Verbindlichkeiten befasst ist.
Die Zuschläge zum Grundbetrag bei der Abwicklungsvollstreckung betragen:
aufwendige Grundtätigkeit: |
2/10 bis 10/10 |
Auseinandersetzung: |
2/10 bis 10/10 |
Komplexe Nachlassverwaltung: |
2/10 bis 10/10 |
Aufwendige/schwierige Gestaltungsaufgaben: |
2/10 bis 10/10 |
Steuerangelegenheiten: |
2/10 bis 10/10 |
Ohne besondere Anhaltspunkte ist vom Mittelwert der Spanne auszugehen.