Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
aa) Anwaltsspezifische Dienste
Rz. 247
Ein berufsmäßig zum Pfleger bestellter Rechtsanwalt kann seine insoweit entfaltete Tätigkeit gem. § 1 Abs. 2 S. 1 grds. nicht als Vergütung nach dem RVG abrechnen. Nach §§ 1 Abs. 2 S. 2 RVG, 1835 Abs. 3 BGB kann der zum Berufspfleger bestellte Rechtsanwalt aber Aufwendungsersatz in Gestalt einer Vergütung nach dem RVG verlangen, soweit er seine spezifische anwaltliche Qualifikation für Aufgaben einsetzt, für deren Erfüllung ein rechtsunkundiger Laie als Pfleger wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeit und der Bedeutung vernünftigerweise einen Anwalt hätte beauftragen müssen (siehe Rdn 164). Der in § 1835 Abs. 3 BGB enthaltene und originär nur für den Vormund geltende Rechtsgedanke ist nach der Rechtsprechung des BGH auf die übrigen in § 1 Abs. 2 S. 1 genannten Tätigkeiten sinngemäß zu übertragen.
Rz. 248
Der Rechtsanwalt kann also anwaltsspezifische Dienste im Rahmen der Pflegschaft immer nach dem RVG abrechnen. Eine spezifisch anwaltliche Tätigkeit liegt immer dann vor, wenn eine Person, die selbst kein Anwalt ist, in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (arg. § 5 InsVV). Der zum Pfleger bestellte Rechtsanwalt kann deshalb Aufwendungsersatz in Gestalt einer Vergütung nach dem RVG verlangen, soweit er seine spezifische anwaltliche Qualifikation für Aufgaben einsetzt, für deren Erfüllung ein rechtsunkundiger Laie als Pfleger wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeit und der Bedeutung vernünftigerweise einen Anwalt hätte beauftragen müssen.
Rz. 249
Eine anwaltsspezifische Tätigkeit kann bspw. die Prüfung eines Vertrages darstellen, durch den Gesellschaftsanteile an einer KG von den Eltern auf die Kinder übertragen werden. Bei einem Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens ist das noch nicht der Fall, wenn es um einen einfachen Fall deutlicher Überschuldung des Nachlasses geht.
Rz. 250
Wird ein anwaltlicher Ergänzungspfleger für einen unbegleitet eingereisten minderjährigen Flüchtling mit dem Aufgabenkreis der Vertretung des Minderjährigen in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten berufsmäßig bestellt, steht dem Pfleger keine die Sätze der Beratungshilfevergütung übersteigender Anspruch zu.
Rz. 251
Für die Mitwirkung bei der nicht vom Aufgabenkreis erfassten Durchführung und Überwachung der Erbauseinandersetzung kann der Nachlasspfleger Anwaltskosten im Wege des Aufwendungsersatzes gem. § 1 Abs. 2 S. 3, § 1836 Abs. 3 BGB nicht verlangen.
Rz. 252
Hinsichtlich der Frage, ob der zum Berufspfleger bestellte Rechtsanwalt neben der Abrechnung nach Zeitaufwand für anwaltsspezifische Leistungen eine RVG-Vergütung geltend machen kann, vgl. Rdn 208 ff.
Aus §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 VBVG ergibt sich keine Einschränkung dahin gehend, dass ein Pfleger für die Erbringung berufsspezifischer Dienste im Rahmen der Pflegschaft nur den Aufwendungsersatzanspruch nach § 1835 Abs. 3 BGB geltend machen darf, wenn dieser den Vergütungsanspruch nach § 4 Abs. 1 VBVG unterschreitet. Die Tätigkeit von berufsmäßigen Pflegern ist mindestens mit den dort genannten Stundensätzen zu vergüten, und zwar auch im Falle der Erbringung berufsspezifischer Dienste i.S.d. § 1835 Abs. 3 BGB.
bb) Feststellung der anwaltsspezifischen Tätigkeit
Rz. 253
Das Gericht kann bereits im Bestellungsbeschluss feststellen, ob eine anwaltsspezifische Tätigkeit erforderlich ist. Die gerichtliche Feststellung, dass die Verfahrenspflegschaft eine anwaltsspezifische Tätigkeit erfordert, ist für die Kosten- bzw. Vergütungsfestsetzung bindend und nicht anfechtbar. Davon zu unterscheiden ist die Feststellung der berufsmäßigen Führung der Pflegschaft. Diese im Bestellungsbeschluss zu treffende Feststellung ist Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein Vergütungsanspruch entsteht.