Rz. 138
Ob neben den Auslagen auch sonstige Aufwendungen, insbesondere für vorgelegte Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten oder für vorgeschossene Kosten an Sachverständige etc., festgesetzt werden konnten, war zur BRAGO umstritten. Ein Teil der Rspr. berief sich auf den Wortlaut des § 19 Abs. 1 S. 1 BRAGO, wonach nur die "gesetzliche Vergütung", also die nach der damaligen BRAGO, festsetzbar sei, nicht aber auch lediglich nach § 670 BGB geschuldete Auslagen. Ein anderer Teil der Rspr. ließ dagegen die Festsetzung aus prozessökonomischen Gründen zu. Zum Teil wurde in der Rspr. danach differenziert, ob sich die Vorlage der Kosten und ihre Höhe aus den Gerichtsakten ergebe, was i.d.R. bei der Zahlung von Gerichtskosten, Sachverständigenvorschüssen o.Ä. der Fall war. Der BGH hatte zuletzt in einer stark kritisierten Entscheidung die Festsetzung verauslagter Kosten abgelehnt. Der Gesetzgeber hat hierauf reagiert und die Festsetzung jetzt ausdrücklich für zulässig erklärt (Abs. 1 S. 1). Ältere Rspr. zur BRAGO ist daher nicht mehr verwertbar.
Rz. 139
Eingeschränkt wird die Festsetzbarkeit nach Abs. 1 S. 1 allerdings dadurch, dass diese Aufwendungen "zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören“ müssen. Das Festsetzungsverfahren soll ausweislich der Begründung "auf solche Aufwendungen beschränkt bleiben, die zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, weil das Gericht nur insoweit die für eine Festsetzung erforderliche Sachkenntnis besitzt." Diese Formulierung gibt Anlass zu Auslegungsfragen."
Rz. 140
Eindeutig dürfte sein, dass vom Anwalt vorgelegte Gerichtskosten, auch die des Mahnverfahrens, festsetzbar sind. Dasselbe wird für Zustellungskosten gelten, soweit Schriftsätze, Vergleiche oder gerichtliche Entscheidungen, wie z.B. eine einstweilige Verfügung oder ein Arrest, im Parteibetrieb zugestellt werden. Gleiches dürfte auch für Handelsregisterauskünfte und Kosten für Grundbuchauszüge gelten, wenn diese zur Vorbereitung oder im Rechtsstreit eingeholt werden müssen.
Rz. 141
Schwieriger wird die Frage schon bei Meldeamtsauskünften oder Recherchekosten, z.B. Kosten einer Datenbankrecherche, Detektivkosten, aufgewandte Kosten für Testkäufe in wettbewerbsrechtlichen Verfahren. Aus Gründen der Prozessökonomie sollte man den Rahmen hier sehr weit stecken. Jedenfalls dann, wenn der Auftraggeber weder die Ersatzpflicht nach § 670 BGB dem Grunde nach in Frage stellt noch die abgerechneten Positionen zur Höhe, sollte nach § 11 festgesetzt werden können.
Rz. 142
Problematisch sind auch vereinbarte Auslagen.
Beispiel: Der Anwalt kauft in Absprache mit dem Mandanten ein medizinisches Fachbuch, oder er vereinbart mit dem Mandanten die Übernahme von Übernachtungskosten, obwohl eine Übernachtung nicht erforderlich ist.
Die Kosten für ein Fachbuch zählen nach VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 1 zu den allgemeinen Geschäftskosten und sind durch die Gebühren abgegolten.
Die Übernachtungskosten zählen, soweit sie nicht angemessen waren, nicht zu den nach VV 7006 zu ersetzenden Reisekosten. Diese Kosten können daher nur nach § 3a vereinbart werden. Damit sind sie dann aber nicht nach § 670 BGB zu ersetzen, so dass eine Festsetzung nach § 11 ausscheiden muss (zur Festsetzbarkeit eines vereinbarten Honorars siehe Rdn 137).
Rz. 143
Sofern der Anwalt im obligatorischen Schlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO Kosten der Schlichtungsstelle vorgelegt hat, kann er diese nach § 11 festsetzen lassen kann. Zwar ist seine Vergütung selbst wohl nicht festsetzbar (siehe Rdn 74); da allerdings die Kosten des Güte- oder Schlichtungsverfahrens nach § 91 Abs. 3 ZPO zu den Kosten des Rechtsstreits zählen, dürften hinsichtlich dieser Kosten keine Bedenken bestehen.
Rz. 144
Festsetzbar sind auch die Kosten eines vom Anwalt selbst beauftragten Terminsvertreters. Es handelt sich insoweit nämlich um Auslagen nach VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 1 (siehe hierzu § 5 Rdn 92 f.).
Rz. 145
Unabhängig von den bestehenden Unklarheiten sollte der Anwalt ohnehin niemals Gerichtskosten, Gerichtsvollzieherkosten o.Ä. vorlegen. Er sollte vielmehr dem Auftraggeber die entsprechenden Rechnungen oder Zahlungsanforderungen mit der Aufforderung übersenden, die angeforderten Kosten selbst unmittelbar einzuzahlen. Der Anwalt vermeidet damit nicht nur das Insolvenzrisiko, sondern auch überflüssigen Buchungsaufwand in seinem eigenen Betrieb.