Rz. 203
Anfechtung der Zustimmungserklärung. Hat der Auftraggeber eine Zustimmungserklärung abgegeben, erklärt er aber im Verfahren nach § 11, diese angefochten zu haben, so ist dies eine außergerichtliche Einwendung, die die Festsetzung hindert.
Rz. 204
Anrechnung. Wendet der Auftraggeber ein, die zur Festsetzung angemeldete Berechnung sei insoweit unzutreffend, als es der Anwalt unterlassen habe, Gebühren anzurechnen, die der Mandant bereits bezahlt habe, so ist zu differenzieren:
Ist die Bezahlung der Gebühren, die nach Ansicht des Auftraggebers anzurechnen sind, unstreitig, handelt es sich um einen gebührenrechtlichen Einwand, der im Festsetzungsverfahren zu beachten ist.
Beispiel: Der Mandant wendet ein, er habe die Geschäftsgebühr bereits gezahlt. Da diese nach VV Vorb. 3 Abs. 4 auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei, müsse dieser Betrag abgesetzt werden. Die Zahlung auf die Geschäftsgebühr wird vom Anwalt nicht bestritten.
Bei unstreitiger Zahlung hat der Festsetzungsbeamte zu prüfen, ob eine Gebührenanrechnung vorzunehmen ist oder ob eine Anrechnung ausscheidet, etwa weil seit Abschluss der vorangegangenen Angelegenheit mehr als zwei Kalenderjahre verstrichen sind (§ 15 Abs. 5 S. 2).
Bestreitet der Anwalt dagegen, die anzurechnenden Gebühren erhalten zu haben, so ist wiederum zu unterscheiden: Ist der Festsetzungsbeamte der Auffassung, eine Anrechnung komme aus gebührenrechtlichen Gründen nicht in Betracht (siehe oben), dann kommt es auf die Zahlung nicht an; die Einwendung ist im Festsetzungsverfahren zurückzuweisen. Ist der Festsetzungsbeamte dagegen der Auffassung, eine Anrechnung komme in Betracht, dann wird der Einwand des Auftraggebers durch das Bestreiten der Zahlung seitens des Anwalts zu einem Erfüllungseinwand, der im Festsetzungsverfahren nicht geprüft werden darf. Die Festsetzung ist dann nach Abs. 5 zurückzuweisen.
Rz. 205
Die bisherige Rspr., wonach ein anzurechnender Betrag im Vergütungsfestsetzungsverfahren immer abzuziehen sei, wenn eine anzurechnende Gebühr angefallen ist, lässt sich nach dem neuen § 15a RVG nicht mehr aufrechterhalten.
Beispiel: Der Anwalt hatte nach einem Gegenstandswert von 8.000 EUR eine 1,5-Geschäftsgebühr (VV 2300) verdient und anschließend im gerichtlichen Verfahren eine 1,3-Verfahrensgebühr (VV 3100).
a) |
Die Geschäftsgebühr war unstreitig nicht gezahlt. |
b) |
Die Geschäftsgebühr war unstreitig gezahlt. |
c) |
Der Auftraggeber behauptet, die Geschäftsgebühr gezahlt zu haben. Der Anwalt bestreitet dies. |
Nach § 15a Abs. 1 entstehen beiden Gebühren zunächst einmal unabhängig voneinander, insgesamt kann allerdings nicht mehr beansprucht werden als der um die Anrechnung gekürzte Betrag. Insgesamt steht dem Anwalt also zu: 1,5 + 1,3 – 0,75 = 2,05.
a) Im Fall a) kann der Anwalt die Verfahrensgebühr in voller Höhe festsetzen lassen. Dann verringert sich die Geschäftsgebühr um 0,75, so dass er insoweit lediglich noch restliche 0,75 verlangen kann.
I. Festsetzungsfähig sind:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert 8.000 EUR) |
|
652,60 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert 8.000 EUR) |
|
602,40 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.275,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
242,25 EUR |
Gesamt |
|
1.517,25 EUR |
II. Nicht festsetzbar verbleiben:
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8.000 EUR) |
|
753,00 EUR |
2. |
gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 8.000 EUR |
|
– 376,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
396,50 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
75,34 EUR |
Gesamt |
|
471,84 EUR |
III. Gesamt |
|
1.811,18 EUR |
b) Im Fall b) hat der Anwalt die Geschäftsgebühr in voller Höhe bereits erhalten:
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300 (Wert: 8.000 EUR) |
|
753,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
773,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
146,87 EUR |
Gesamt |
|
919,87 EUR |
Festsetzbar sind nur noch:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
652,60 EUR |
2. |
gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 8.000 EUR |
|
– 376,50 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
|
602,40 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
898,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
170,72 EUR |
Gesamt |
|
1.069,22 EUR |
c) Im Fall c) handelt es sich hinsichtlich der Zahlung auf die anzurechnende Gebühr um einen nicht gebührenrechtlichen Einwand, so dass nur die nach Anrechnung verbleibende Verfahrensgebühr festzusetzen ist, also:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
652,60 EUR |
2. |
gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 8.000 EUR |
|
– 376,50 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
|
602,40 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
898,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
170,72 EUR |
Gesamt |
|
1.069,22 EUR |
Den weitergehenden Betrag i.H.v.:
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300 (Wert: 8.000 EUR) |
|
753,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
773,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
146,87 EUR |
Gesamt |
|
919,87 EUR |
muss der Anwalt auf dem Klageweg verfolgen.
Rz. 206
Anteilige Haftung. Wendet ...