Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 53
§ 12a beschränkt sich auf den Schutz vor Verstößen gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Denn nur diese Fallgestaltung sah der Gesetzgeber als regelungsbedürftig an. Die Vorschrift eröffnet keine Möglichkeit der Selbstkorrektur bei anderen Verletzungen gegen Verfahrensgrundrechte. Verstoßen unanfechtbare Entscheidungen gegen andere Verfahrensgrundrechte, besteht in der Rechtsprechung keine einheitliche Handhabung, ob die beschwerte Partei durch Erhebung einer Gegenvorstellung oder einer außerordentlichen Beschwerde eine Abhilfe erreichen kann oder ob ihr letztlich nur die Alternative der Verfassungsbeschwerde zum BVerfG verbleibt. Wird der Anspruch auf Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit verletzt, ist hiergegen kein Rechtsbehelf gegeben, sondern besteht ein Schadensersatzanspruch nach § 198 GVG.
I. Außerordentliche Beschwerde
Rz. 54
Die außerordentliche Beschwerde steht der Praxis nur noch in äußerst seltenen – auch vom BGH anerkannten – Ausnahmefällen zur Verfügung. Allerdings folgerte der BGH bereits aus der Einführung des § 321a ZPO (entspricht § 12a) durch das Zivilprozessreformgesetz, dass die außerordentliche Beschwerde generell unstatthaft sei. Von seiner Auffassung wich der BGH auch nach dem Anhörungsrügengesetz nicht ab; er bestätigte vielmehr, dass eine außerordentliche Beschwerde generell unstatthaft ist. Auch das BVerfG meinte, dass es gegen die verfassungsrechtliche Anforderung der Rechtsmittelklarheit verstoße, wenn von der Rechtsprechung außerordentliche Rechtsbehelfe außerhalb des geschriebenen Rechts geschaffen werden, um tatsächliche oder vermeintliche Lücken im bisherigen Rechtsschutzsystem zu schließen.
Rz. 55
Ausnahmsweise sieht der BGH die außerordentliche Beschwerde aber dann als zulässig an, wenn ein Beweisbeschluss über die Erstellung eines Gutachtens zur Klärung der Prozessfähigkeit einer Prozesspartei erlassen wird und das Gericht hierbei den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs dieser Partei hat.
II. Gegenvorstellung
Rz. 56
In einem grundlegenden Beschl. v. 12.1.2009 hat das BVerfG ausgesprochen, dass eine Gegenvorstellung weder aus verfassungsrechtlichen Gründen als generell unzulässig anzusehen ist, noch dass eine offensichtliche Unzulässigkeit aus der Rechtsprechung der Fachgerichte auf der Grundlage des einfachen Rechts folgt. Das BVerfG stellt insbesondere klar, dass sich aus den Erwägungen des Plenums des BVerfG in seinem Beschl. v. 30.4.2003 nicht herleiten lässt, dass eine Gegenvorstellung gegen gerichtliche Entscheidungen von Verfassungs wegen unzulässig sei. Das Gebot der Rechtsmittelklarheit schließe lediglich aus, dass mit rechtsstaatlichen Defiziten behaftete außerordentliche Rechtsbehelfe (nämlich: fehlende gesetzliche Regelung) es ausschließen würden, ihre vorherige erfolglose Einlegung zur Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde zu machen.
Des Weiteren stellt das BVerfG in rechtstatsächlicher Hinsicht fest, dass die Rechtsprechung zur einfachrechtlichen Zulässigkeit der Gegenvorstellung zwischen den Bundesgerichten und auch innerhalb dieser Gerichte uneinheitlich ist, so dass die Gegenvorstellung jedenfalls nicht als offensichtlich unzulässig angesehen werden kann. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass für das BVerfG die Gegenvorstellung keine Voraussetzung für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde ist, weder für die Zulässigkeitsvoraussetzung der Erschöpfung des Rechtswegs noch für die Zulässigkeitsvoraussetzung des Subsidiaritätsgrundsatzes.
Rz. 57
Die Entscheidung des BVerfG besagt aber noch nicht, ob die Gegenvorstellung einfachrechtlich statthaft und zulässig ist. Die eine Gegenvorstellung als außerordentlichen Rechtsbehelf bejahende Rechtsprechung nimmt eine Statthaftigkeit in der Regel nur dann an, wenn die Verletzung grundlegender Verfahrensrechte oder eine willkürliche Behandlung materiell-rechtlicher Vorschriften geltend gemacht wird. Teilweise wird im Bereich des RVG die Gegenvorstellung als zulässiger formloser Rechtsbehelf angesehen, damit das zur Entscheidung berufene Gericht seine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbare Entscheidung neu überdenkt. Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit ist eine Gegenvorstellung dagegen nicht statthaft, wenn die einfachrechtliche Verletzung materiellen Rechts behauptet wird. Für die Zulässigkeit der Gegenvorstellung lassen sich die Vorschriften über die Anhörungsrüge analog heran...