Rz. 36
Bei diesem Merkmal ist die Intensität der Arbeit des Anwalts zu berücksichtigen. Objektiver Maßstab für die Beurteilung der Schwierigkeit ist die Sicht des Allgemeinanwalts. Entscheidend ist dabei, ob es sich allgemein um eine schwierige Materie handelt. Auf die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse des Anwalts kommt es nicht an. Deshalb ist die Schwierigkeit auch dann nach Abs. 1 zu berücksichtigen, wenn es sich bei dem Anwalt um einen Spezialisten auf dem betreffenden Gebiet handelt, für den die Sache aufgrund seiner Spezialkompetenz weniger schwierig ist als für einen Allgemeinanwalt. Umgekehrt wirkt sich die Fachanwaltseigenschaft des Rechtsanwalts nicht gebührenerhöhend aus. Die Schwierigkeit beurteilt sich daher nach einem objektiv-generellen Maßstab.
Rz. 37
Schwierig ist eine Tätigkeit dann, wenn der Anwalt erheblich über dem Durchschnitt liegende Probleme zu lösen hat. Dabei kann es sich um Schwierigkeiten rechtlicher und tatsächlicher Art handeln. Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen:
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rechtliche Probleme |
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hohe inhaltliche Anforderungen einer Abmahnung in Mietsachen |
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Tätigkeit in Spezialgebieten, und zwar unabhängig davon, ob sich der Rechtsanwalt auf dieses Gebiet spezialisiert hat und ob er auf Kenntnisse eines vorangegangenen oder parallelen Verfahrens zurückgreifen konnte; eine höhere Gebühr kommt danach z.B. in Betracht für die Tätigkeit in Wettbewerbssachen, Vergabesachen, Urheberrechtssachen, Arzthaftungssachen, Kartellrechtsverfahren, europarechtlichen Mandaten, Steuersachen |
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Tätigkeit auf entlegenem Spezialgebiet |
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erforderliche Fremdsprachenkenntnisse des Rechtsanwalts |
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Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Dolmetschers |
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Vertretung mehrerer Auftraggeber, ohne dass ein Fall des VV 1008 gegeben ist |
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besondere buchhalterische oder steuerrechtliche Probleme |
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Hinzuziehung eines psychiatrischen Sachverständigen |
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Prüfung medizinischer Gutachten |
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Verwertung psychiatrischer Sachverständigengutachten |
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Auswertung eines Fachgutachtens auf nicht alltäglichem Gebiet |
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Schwierigkeiten im Umgang mit dem Mandanten aufgrund dessen Persönlichkeitsstruktur |
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Verständigungsprobleme mit dem Auftraggeber wegen dessen hochgradiger Schwerhörigkeit oder Sehbehinderung |
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Verständigungsprobleme mit der ausländischen Ehefrau des Auftraggebers, die der deutschen Sprache nur bedingt mächtig ist. |
Rz. 38
Mindernd kann zu berücksichtigen sein, wenn sich das Verfahren auf einzelne Punkte beschränkt, etwa bei der Beschränkung einer Berufung auf das Strafmaß oder bei bloßer Einlegung eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs ohne Begründung. Als unterdurchschnittlich schwierig gelten allgemein auch die Durchsetzung des Kaufpreises beim Kauf von beweglichen Sachen, die Kündigung von Wohnungsmietverträgen bei Mietrückständen oder die bloße Durchsetzung unstreitiger Ansprüche.
Rz. 39
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist für jede Instanz gesondert zu berücksichtigen. Sind die rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten in erster Instanz beseitigt worden, so dürfen diese im Rechtsmittelverfahren nicht mehr herangezogen werden. Bleiben die rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten in den weiteren Instanzen bestehen, so sind sie auch dort zu berücksichtigen.