a) Streitfälle
Rz. 225
Umstritten ist die Anwendung des Abs. 3 in den Fällen, in denen einer Partei teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
b) Die Partei führt den Rechtsstreit, obwohl Prozesskostenhilfe nur teilweise bewilligt worden ist
Rz. 226
Häufig kommt es vor, dass das Gericht der Partei Prozesskostenhilfe nur für einen Teil der beabsichtigten Prozessführung bewilligt. Soweit die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nämlich nur teilweise Aussicht auf Erfolg bietet, hat das Gericht die Bewilligung auf denjenigen Teil zu beschränken, der hinreichende Erfolgsaussichten bietet. Im Übrigen ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen. Soweit die Prozesskostenhilfe danach abgelehnt wird, greift die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht. Der Anwalt kann insoweit die Wahlanwaltsvergütung unmittelbar gegen seinen Auftraggeber geltend machen. Die Berechnung dieser Vergütung bereitet in der Praxis Schwierigkeiten und wird zum Teil über eine entsprechende Anwendung des Abs. 3 gelöst.
Beispiel: Der Beklagte will seinen Anwalt mit der Abwehr einer gegen ihn gerichteten Klage in Höhe von 20.000 EUR beauftragen und bittet den Anwalt zunächst, hierfür Prozesskostenhilfe zu beantragen. Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe lediglich zur Abwehr eines Teilbetrages in Höhe von 12.000 EUR bewilligt. Im Übrigen wird die Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die bedürftige Partei beauftragt den Anwalt ungeachtet dessen, das Verfahren in voller Höhe durchzuführen. Nach mündlicher Verhandlung ergeht ein Urteil.
Nach Ansicht des OLG München ist wie folgt zu rechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 49 (Wert: 12.000 EUR) |
460,20 EUR |
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2. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 13 (Wert: 8.000 EUR) |
652,60 EUR |
|
|
gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,3 nach § 13 Abs. 1 S. 1, 2 aus 20.000 EUR |
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1.068,60 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 49 (Wert: 12.000 EUR) |
424,80 EUR |
|
4. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 13 (Wert: 8.000 EUR) |
602,40 EUR |
|
|
gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,2 nach § 13 Abs. 1 S. 1, 2 aus 20.000 EUR |
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986,40 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.075,00 EUR |
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6. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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394,25 EUR |
Gesamt |
|
2.469,25 EUR |
Diese Berechnung ist unzutreffend. Die Vorschrift des Abs. 3 ist hier gar nicht anwendbar, da es nicht um verschiedene Gebührensätze, sondern um verschiedene Gebührenbeträge geht. Ebenso unzutreffend wäre es, von den Wahlanwaltsgebühren lediglich die Prozesskostenhilfegebühren abzuziehen. Auf diese Art und Weise würde die bedürftige Partei doch wieder mit der Wahlanwaltsvergütung belastet. Auch eine Quotelung nach Streitwertanteilen kommt nicht in Betracht.
Rz. 227
Der Anwalt erhält vielmehr zunächst die volle Prozesskostenhilfe-Vergütung:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 49 (Wert: 12.000 EUR) |
|
460,20 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 49 (Wert: 12.000 EUR) |
|
424,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
905,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
171,95 EUR |
Gesamt |
|
1.076,95 EUR |
Rz. 228
Darüber hinaus erhält er die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung aus dem vollen Wert (20.000 EUR) und aus dem Wert der Prozesskostenhilfe-Bewilligung (12.000 EUR):
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 13 (Wert: 20.000 EUR) |
|
1.068,60 EUR |
2. |
abzgl. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 13 (Wert: 12.000 EUR) |
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– 865,80 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 13 (Wert: 20.000 EUR) |
|
986,40 EUR |
4. |
abzgl. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 13 (Wert: 12.000 EUR) |
|
– 799,20 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
410,00 EUR |
|
6. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
77,90 EUR |
Gesamt |
|
487,90 EUR |
Insgesamt erhält der Anwalt also:
PKH-Vergütung aus der Staatskasse: |
1.076,95 EUR |
Wahlanwaltsgebühren vom Mandanten: |
487,90 EUR |
Gesamt |
1.564,85 EUR |
c) Nach teilweiser Prozesskostenhilfe-Bewilligung wird der Rechtsstreit nur im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe durchgeführt
Rz. 229
Beispiel: Der Anwalt wird von der bedürftigen Partei beauftragt, für eine beabsichtigte Klage in Höhe von 25.000 EUR Prozesskostenhilfe zu beantragen. Das Gericht ordnet einen Termin im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren an und bewilligt nach mündlicher Verhandlung im Prüfungsverfahren Prozesskostenhilfe lediglich in Höhe von 20.000 EUR; in Höhe der weiteren 5.000 EUR sieht das Gericht keine hinreichenden Erfolgsaussichten und lehnt den Antrag ab. Der Anwalt wird daraufhin beauftragt, das Verfahren lediglich nach einem Wert von 20.000 EUR durchzufüh...