Rz. 226
Häufig kommt es vor, dass das Gericht der Partei Prozesskostenhilfe nur für einen Teil der beabsichtigten Prozessführung bewilligt. Soweit die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nämlich nur teilweise Aussicht auf Erfolg bietet, hat das Gericht die Bewilligung auf denjenigen Teil zu beschränken, der hinreichende Erfolgsaussichten bietet. Im Übrigen ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen. Soweit die Prozesskostenhilfe danach abgelehnt wird, greift die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht. Der Anwalt kann insoweit die Wahlanwaltsvergütung unmittelbar gegen seinen Auftraggeber geltend machen. Die Berechnung dieser Vergütung bereitet in der Praxis Schwierigkeiten und wird zum Teil über eine entsprechende Anwendung des Abs. 3 gelöst.
Beispiel: Der Beklagte will seinen Anwalt mit der Abwehr einer gegen ihn gerichteten Klage in Höhe von 20.000 EUR beauftragen und bittet den Anwalt zunächst, hierfür Prozesskostenhilfe zu beantragen. Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe lediglich zur Abwehr eines Teilbetrages in Höhe von 12.000 EUR bewilligt. Im Übrigen wird die Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die bedürftige Partei beauftragt den Anwalt ungeachtet dessen, das Verfahren in voller Höhe durchzuführen. Nach mündlicher Verhandlung ergeht ein Urteil.
Nach Ansicht des OLG München ist wie folgt zu rechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 49 (Wert: 12.000 EUR) |
460,20 EUR |
|
2. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 13 (Wert: 8.000 EUR) |
652,60 EUR |
|
|
gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,3 nach § 13 Abs. 1 S. 1, 2 aus 20.000 EUR |
|
1.068,60 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 49 (Wert: 12.000 EUR) |
424,80 EUR |
|
4. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 13 (Wert: 8.000 EUR) |
602,40 EUR |
|
|
gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,2 nach § 13 Abs. 1 S. 1, 2 aus 20.000 EUR |
|
986,40 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.075,00 EUR |
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6. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
394,25 EUR |
Gesamt |
|
2.469,25 EUR |
Diese Berechnung ist unzutreffend. Die Vorschrift des Abs. 3 ist hier gar nicht anwendbar, da es nicht um verschiedene Gebührensätze, sondern um verschiedene Gebührenbeträge geht. Ebenso unzutreffend wäre es, von den Wahlanwaltsgebühren lediglich die Prozesskostenhilfegebühren abzuziehen. Auf diese Art und Weise würde die bedürftige Partei doch wieder mit der Wahlanwaltsvergütung belastet. Auch eine Quotelung nach Streitwertanteilen kommt nicht in Betracht.
Rz. 227
Der Anwalt erhält vielmehr zunächst die volle Prozesskostenhilfe-Vergütung:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 49 (Wert: 12.000 EUR) |
|
460,20 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 49 (Wert: 12.000 EUR) |
|
424,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
905,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
171,95 EUR |
Gesamt |
|
1.076,95 EUR |
Rz. 228
Darüber hinaus erhält er die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung aus dem vollen Wert (20.000 EUR) und aus dem Wert der Prozesskostenhilfe-Bewilligung (12.000 EUR):
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 13 (Wert: 20.000 EUR) |
|
1.068,60 EUR |
2. |
abzgl. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 13 (Wert: 12.000 EUR) |
|
– 865,80 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 13 (Wert: 20.000 EUR) |
|
986,40 EUR |
4. |
abzgl. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104, § 13 (Wert: 12.000 EUR) |
|
– 799,20 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
410,00 EUR |
|
6. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
77,90 EUR |
Gesamt |
|
487,90 EUR |
Insgesamt erhält der Anwalt also:
PKH-Vergütung aus der Staatskasse: |
1.076,95 EUR |
Wahlanwaltsgebühren vom Mandanten: |
487,90 EUR |
Gesamt |
1.564,85 EUR |