Gesetzestext
(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.
(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.
(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.
(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.
(5) 1Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. 2Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. 3Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.
(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.
A. Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift des § 15 bildet die wesentliche Grundlage für das Gebührensystem des RVG. Das Gesetz teilt die einzelnen anwaltlichen Tätigkeiten in gebührenrechtliche Angelegenheiten auf, in denen dann die jeweiligen Gebühren entstehen. Von der Einordnung in eine bestimmte Angelegenheit hängt es ab, welche Gebühren der Anwalt erhält. Die Bestimmung der Angelegenheit ist daher immer Ausgangspunkt der Gebührenberechnung. Ohne Klarheit, in welcher Angelegenheit der Anwalt tätig geworden ist, kann eine richtige Berechnung der Vergütung oft gar nicht erstellt werden.
Rz. 2
In Abs. 2 ist der Grundsatz der Einmaligkeit der Gebühren niedergelegt. In derselben Angelegenheit kann jede Gebühr grundsätzlich nur einmal anfallen. Lediglich in einigen Ausnahmefällen kann die gleiche Gebühr in derselben Angelegenheit mehrmals ausgelöst werden.
Rz. 3
Aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Gebühren folgt konsequenterweise, dass die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Anwalts von der Erteilung des Auftrags bis zur Erledigung der Angelegenheit abgelten (Pauschalcharakter der Gebühren). Dies ist in Abs. 1 ausdrücklich festgehalten.
Rz. 4
Welchen Umfang jeweils eine Angelegenheit hat und wann mehrere Angelegenheiten vorliegen, war lediglich teilweise in Abs. 2 S. 2 a.F. geregelt. Danach sollte in gerichtlichen Verfahren jeder Rechtszug eine eigene Angelegenheit darstellen. Diese Regelung findet sich jetzt in § 17 Nr. 1. Damit ergibt sich unmittelbar aus § 15 selbst keine Abgrenzung mehr. Abzustellen ist auf die §§ 16 bis 19 und §§ 20, 21 sowie weitere spezielle Regelungen (z.B. VV Vorb. 4.3 Abs. 3 S. 2). Im Übrigen ergibt sich der Umfang der Angelegenheit aus den Umständen des Einzelfalles.
Rz. 5
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass in derselben Angelegenheit jede Gebühr nur einmal entstehen kann, enthält Abs. 3. Soweit es nach den Gebührenvorschriften möglich ist, dass hinsichtlich desselben Gebührentatbestandes aus verschiedenen Teilwerten unterschiedliche Gebührensätze anfallen, erhält der Anwalt aus den Teilwerten jeweils einzelne Gebühren. Insgesamt darf das Gebührenaufkommen jedoch nicht den Betrag einer Gebühr aus dem Gesamtwert nach dem höchsten Gebührensatz übersteigen.
Rz. 6
Die Vorschrift des Abs. 4 ist wiederum Ausdruck des Pauschalcharakters. Danach ist es auf das Entstehen der Gebühren ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist. Diese Vorschrift betrifft allerdings nur den Gebührentatbestand, nicht die Höhe der Gebühren. So ist die vorzeitige Beendigung des Auftrags oder der Angelegenheit durchaus im Rahmen des § 14 Abs. 1 zu berücksichtigen; sie kann auch zu einem geringeren Gebührensatz führen (z.B. VV 3101).
Rz. 7
Die Vorschrift des Abs. 5 S. 1 wiederholt nochmals den Grundsatz der Einmaligkeit der Gebühren. Danach erhält auch der Anwalt, der in derselben Angelegenheit erneut beauftragt wird, nachdem sich der erste Auftrag erledigt hat, nicht mehr an Gebühren, als wenn er von vornherein einen Gesamtauftrag erhalten hätte.
Rz. 8
Eine Ausnahme von dem vorangegangenen Grundsatz schafft allerdings die im Zuge des KostRÄndG 1994 schon in den damaligen § 13 BRAGO...