a) Grundsatz
Rz. 111
Sind neben der Hauptsache auch vorgerichtlich anzurechnende Kosten mit eingeklagt und schließen die Parteien einen Vergleich über Hauptsache und vorgerichtliche Kosten, dann können sich Probleme bei der Anrechnung ergeben. Es kommt dann auf den Inhalt des Vergleichs bzw. seine Auslegung an.
Rz. 112
Soll in einem Vergleich die Geschäftsgebühr berücksichtigt werden, so empfiehlt es sich, diese auszurechnen und zu beziffern oder anderweitig klarzustellen, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr in der Vergleichssumme enthalten sein soll.
Rz. 113
Aus dem Vergleich muss sich eindeutig ergeben, inwieweit die Geschäftsgebühr in der Vergleichssumme enthalten sein soll. Anderenfalls kommt eine Anrechnung nicht in Betracht. Im Einzelnen gilt Folgendes.
b) Eindeutige Regelung
Rz. 114
Unproblematisch ist die Rechtslage, wenn sich aus dem Vergleich eindeutig ergibt, inwieweit die vorgerichtliche Geschäftsgebühr vom Vergleich erfasst und tituliert sein soll.
Beispiel: Der Kläger hatte 8.000 EUR eingeklagt sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr (VV 2300) in Höhe von
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300 (Wert: 8.000 EUR) |
|
753,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
773,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
146,87 EUR |
Gesamt |
|
919,87 EUR |
Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000 EUR zu zahlen sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von:
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300 (Wert: 6.000 EUR) |
|
753,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
773,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
146,87 EUR |
Gesamt |
|
919,87 EUR |
Da sich aus dem Vergleich eindeutig ergibt, dass eine 1,5-Geschäftsgebühr aus 6.000 tituliert ist, sind folglich 0,75 aus 6.000 EUR anzurechnen, sodass wie folgt festzusetzen ist:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 8.000 EUR) |
|
652,60 EUR |
2. |
gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 6.000 EUR |
|
– 292,50 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 8.000 EUR) |
|
602,40 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
982,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
186,68 EUR |
Gesamt |
|
1.169,18 EUR |
Beispiel: Der Kläger hatte 8.000 EUR eingeklagt sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (VV 2300). Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000 EUR sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300 (6.000 EUR) |
|
507,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
527,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
100,13 EUR |
Gesamt |
|
627,13 EUR |
In der Kostenfestsetzung anzurechnen sind jetzt nur 0,65 aus 6.000 EUR.
Rz. 115
Ist lediglich vereinbart, dass der Gegner dem Grunde nach eine bestimmte Geschäftsgebühr zahlen solle, dann ist die Gebühr nicht tituliert, da keine vollstreckbare Vereinbarung vorliegt, die aber Abs. 3 voraussetzt. Jetzt kann anrechnungsfrei festgesetzt werden. Allerdings kann dann später die Geschäftsgebühr nicht mehr voll verlangt werden, da nachträglich ein Anrechnungstatbestand eingetreten ist.
Beispiel: Der Kläger hatte 8.000 EUR eingeklagt sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (VV 2300). Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000 EUR zu zahlen "sowie eine 1,5-Geschäftsgebühr aus 6.000 EUR".
Jetzt ist die Geschäftsgebühr nicht tituliert. Der Kläger hat daher zwei Möglichkeiten:
▪ |
Er berechnet die Geschäftsgebühr und fordert diese beim Gegner ein. Dann kann er nur noch den um die Anrechnung verminderten Betrag festsetzen lassen. |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 8.000 EUR) |
|
652,60 EUR |
2. |
gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 6.000 EUR |
|
– 292,50 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 8.000 EUR) |
|
602,40 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
982,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
186,68 EUR |
Gesamt |
|
1.169,18 EUR |
▪ |
Er lässt die Verfahrensgebühr anrechnungsfrei festsetzen. Dann kann er die Geschäftsgebühr nur noch in der um den Anrechnungsbetrag verminderten Höhe einfordern. |
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300 (6.000 EUR) |
|
507,00 EUR |
2. |
gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 6.000 EUR (6.000 EUR) |
|
– 253,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
273,50 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
51,97 EUR |
Gesamt |
|
325,47 EUR |
c) Fehlende Regelung
Rz. 116
Schließen die Parteien einen Vergleich über Hauptsache und vorgerichtliche Kosten und ergibt sich aus dem Vergleich nicht eindeutig, inwieweit die Geschäftsgebühr dabei in der Vergleichssumme enthalten sein soll, kommt eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht. Das gilt auch dann, wenn der Vergleich eine umfassende Abgeltungsklausel enthält.
Beispiel: Der Kläger hatte 8.000 EUR eingeklagt sowie eine ...