Rz. 119

Schließlich kann sich ein Erstattungspflichtiger auch dann auf die Anrechnung berufen, wenn gleichzeitig zwei Gebühren gegen ihn geltend gemacht werden, die aufeinander anzurechnen sind.

 

Rz. 120

Dabei ist erforderlich, dass beide Gebühren entweder im Erkenntnisverfahren oder beide Gebühren im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden. Es reicht nicht aus, dass eine Gebühr im Erkenntnisverfahren und die andere im Festsetzungsverfahren geltend gemacht wird. Vielmehr müssen beide Gebühren im Erkenntnisverfahren oder beide im Festsetzungsverfahren geltend gemacht werden.

 

Rz. 121

Zeitgleiche Geltendmachung im Erkenntnisverfahren kommt vor, wenn die Kosten eines vorangegangenen gerichtlichen Verfahrens nebst vorausgegangener Geschäftsgebühr geltend gemacht werden.

 

Beispiel: Der Kläger hatte zur Feststellung von Mietmängeln (Wert: 8.000 EUR) zunächst ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet. Nach Abschluss des Beweisverfahrens werden die Mängel beseitigt. Der Kläger klagt nunmehr als Schadensersatz die Kosten des Beweisverfahrens sowie die dazu gehörige vorgerichtliche 1,3-Geschäftsgebühr ein.

Auch jetzt muss der Kläger die Anrechnung gegen sich gelten lassen; er kann insgesamt nur verlangen:

I. Vorgerichtliche Vertretung

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300 (Wert: 8.000 EUR)   652,60 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 672,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   127,79 EUR
Gesamt   800,39 EUR

II. Beweisverfahren

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 8.000 EUR)   652,60 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 8.000 EUR   – 326,30 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3100 (Wert: 8.000 EUR)   602,40 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 948,70 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   180,25 EUR
Gesamt   1.128,95 EUR
Gesamt I + II   1.929,34 EUR
 

Rz. 122

Ein zeitgleiches Geltendmachen im Kostenfestsetzungsverfahren kommt insbesondere in Verwaltungs- oder Sozialsachen vor, da hier die Geschäftsgebühr eines Vorverfahrens festsetzbar ist.

 

Beispiel: Der Kläger beauftragt seinen Anwalt im Verwaltungsverfahren (Wert: 8.000 EUR), im anschließenden Widerspruchsverfahren und im nachfolgenden Rechtsstreit vor dem VG. Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Widerspruchsverfahrens werden der beklagten Behörde auferlegt.

Die Geschäftsgebühr für das Verwaltungsverfahren (VV 2300) ist nicht erstattungsfähig. Zu erstatten sind dagegen die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens (VV 2300) und die Verfahrensgebühr des Rechtsstreits (VV 3100). Während der Kläger im Nachprüfungsverfahren die Anrechnung der vorangegangenen Geschäftsgebühr nicht gegen sich gelten lassen muss (siehe Rdn 88), ist die Geschäftsgebühr des Nachprüfungsverfahrens im Rechtsstreit anzurechnen, da sie zeitgleich geltend gemacht wird. Der Kläger kann – ausgehend jeweils von der Mittelgebühr – insgesamt zur Festsetzung anmelden:

I. Widerspruchsverfahren

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300 (Wert: 8.000 EUR)   753,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR

II. Rechtsstreit

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 8.000 EUR)   652,60 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 8.000 EUR   – 376,50 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 8.000 EUR)   602,40 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 898,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   170,72 EUR
Gesamt   1.069,22 EUR
Gesamt I + II   1.989,09 EUR
 

Beispiel: Der Kläger beauftragt seinen Anwalt im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren, im anschließenden Widerspruchsverfahren und im nachfolgenden Rechtsstreit vor dem SG. Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Widerspruchsverfahrens werden der beklagten Behörde auferlegt.

Die Geschäftsgebühr für das Verwaltungsverfahren (VV 2302 Nr. 1) ist nicht erstattungsfähig. Zu erstatten sind dagegen die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens (VV 2302 Nr. 1) und die Verfahrensgebühr des Rechtsstreits (VV 3102). Während der Kläger im Nachprüfungsverfahren die Anrechnung der vorangegangenen Geschäftsgebühr nicht gegen sich gelten lassen muss, ist die Geschäftsgebühr des Nachprüfungsverfahrens im Rechtsstreit anzurechnen, da sie zeitgleich geltend gemacht wird. Der Kläger kann – ausgehend jeweils von der Mittelgebühr – insgesamt zur Festsetzung anmelden:

I. Widerspruchsverfahren

 
1. Geschäftsgebühr, VV 2302 Nr. 1   415,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 435,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   82,65 EUR
Gesamt   517,65 EUR

II. Rechtsstreit

 
1. Verfahrensgebühr, VV 3102   652,60 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen   – 207,50 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3106   602,40 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.067,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   202,83 EUR
Gesamt   1.270,33 EUR
Gesamt I + II   1.787,98 EUR
 

Rz. 123

Zeitgleiche Geltendmachung im Kostenfestsetzungsverfahren kommt in Zivilsachen b...

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