a) Wertaddition

 

Rz. 126

Bei der Vertretung mehrerer Kläger gelten die allgemeinen Regeln, nach denen der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal aus dem zusammengerechneten Wert fordern kann. Es gilt darauf zu achten, dass bei der Vertretung mehrerer Kläger in ein und demselben Verfahren allerdings wegen unterschiedlicher Gegenstände in Folge der Regelung des § 16 Nr. 13 zwar nur eine Angelegenheit vorliegt. Höhere Gebühren des Klägervertreters ergeben sich jedoch durch eine nach § 22 Abs. 1 vorzunehmende Wertaddition der einzelnen Streitgegenstände.[37]

 

Rz. 127

 

Beispiel: Rechtsanwalt R vertritt in einem Rechtsstreit die Kläger K1 und K2 gegen den Beklagten B. K1 beansprucht 20.000 EUR, K2 30.000 EUR. Rechtsanwalt R vertritt die zwei Kläger auch im Musterverfahren vor dem OLG.

Die anwaltliche Tätigkeit findet in derselben Angelegenheit statt, auch wenn unterschiedliche Auftraggeber mit selbstständigen Ansprüchen beteiligt sind. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ergibt sich aus dem Wert der zwei geltend gemachten Ansprüche, also aus 20.000 EUR + 30.000 EUR = 50.000 EUR. Dieser Gegenstandswert gilt sowohl für das Ausgangsverfahren als auch für das Musterverfahren.

[37] Vgl. BGH 15.12.2015 – XI ZB 12/12, AGS 2016, 186 = RVGreport 2016, 132 = MDR 2016, 301.

b) Zusammenfassung mehrerer Verfahren

 

Rz. 128

Dies gilt auch dann, wenn der Anwalt in mehreren Einzelverfahren unterschiedliche Kläger vertritt und sodann die Verfahren nach dem KapMuG zusammengefasst werden.[38] Der Musterentscheid bildet wegen des inneren Zusammenhangs sowie der inhaltlich und in der Zielsetzung gleichgerichteten Aufgabenstellung nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit.[39]

 

Rz. 129

 

Beispiel: Wenn im obigen Beispiel (siehe Rdn 127) der Rechtsanwalt R die Kläger K1 und K2 in verschiedenen erstinstanzlichen Ausgangsverfahren und sodann im Musterverfahren vor dem OLG vertritt, so kann er auch unterschiedlich diesen gegenüber abrechnen. Wenn eine mündliche Verhandlung nur vor dem OLG stattgefunden hat, ergibt sich folgende Honorarabrechnung:

 
1. Ausgangsverfahren Kläger K1 (Wert: 20.000 EUR)
  1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 1.068,60 EUR
2. Musterverfahren K1 + K2 (Wert: 50.000 EUR)
  1,2-Terminsgebühr, VV 3104   1.534,80 EUR
  Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.623,40 EUR  
  19 % Umsatzsteuer, VV 7008   498,47 EUR
Summe   3.121,85 EUR
1. Ausgangsverfahren Kläger K2 (Wert: 30.000 EUR)  
  1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 1.241,50 EUR
2. Musterverfahren K1 + K2: Terminsgebühr bereits berechnet, siehe oben
  Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.271,40 EUR  
  19 % Umsatzsteuer, VV 7008   241,57 EUR
Gesamt   1.512,97 EUR

Das Musterverfahren ist gegenüber den Ausgangsverfahren dieselbe Angelegenheit. Auch das Musterverfahren für die Kläger K1 und K2 bildet zusammen nur eine Angelegenheit. Die Ausgangsverfahren bilden dagegen zueinander verschiedene Angelegenheiten. Die Verfahrensgebühren errechnen sich daher nach den Gegenstandswerten der Ausgangsverfahren. Für die Terminsgebühr des Musterverfahrens ist die Terminsgebühr aus der Addition beider Einzelwerte zu bestimmen.

[38] Vgl. BGH 15.12.2015 – XI ZB 12/12, AGS 2016, 176 = RVGreport 2016, 132.
[39] Vgl. BGH 15.12.2015 – XI ZB 12/12, AGS 2016, 176 = RVGreport 2016, 132.

c) Gemeinschaftliche Beteiligung

 

Rz. 130

Etwas anderes ergibt sich in den Fällen, in denen ein Rechtsanwalt mehrere Auftraggeber vertritt, die an demselben Gegenstand gemeinschaftlich beteiligt sind. Hier greift dann die Regelung VV 1008. Die Verfahrensgebühr erhöht sich dann um 0,3 je weiteren Auftraggeber.

 

Rz. 131

 

Beispiel: Wenn der Rechtsanwalt R zwei Kläger K1 und K2 hinsichtlich einer diesen zustehenden gemeinschaftlichen Forderung von 20.000 EUR im erstinstanzlichen Ausgangsverfahren und sodann im Musterverfahren vor dem OLG, wo eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, vertritt, so kann er folgendermaßen abrechnen:

 
1. Ausgangsverfahren Kläger K1 und K2 (Wert: 20.000 EUR)
  1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 1.068,60 EUR
  0,3-Erhöhung, VV 1008 246,60 EUR
2. Musterverfahren (Wert: 20.000 EUR)
  1,2-Terminsgebühr, VV 3104   986,40 EUR
  Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.321,60 EUR  
  19 % Umsatzsteuer, VV 7008   441,10 EUR
Gesamt   2.762,70 EUR

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