1. Überblick

 

Rz. 47

Bei einer Verweisung vom Arbeitsgericht an ein Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit und bei Verweisung eines Gerichts einer anderen Gerichtsbarkeit an ein Arbeitsgericht können sich wegen § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG Erstattungsprobleme ergeben. Dabei ist zu differenzieren, ob vom Arbeitsgericht oder an das Arbeitsgericht verwiesen worden ist.

2. Verweisung von einem Arbeitsgericht an ein Zivilgericht

 

Rz. 48

Bei einer Verweisung vom Arbeitsgericht an ein Zivilgericht bleibt wegen § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG die Erstattung der erstinstanzlichen vor dem Arbeitsgericht angefallenen Rechtsanwaltskosten ausgeschlossen.[24] Dies gilt jedoch nicht für diejenigen Anwaltskosten, die vor dem ordentlichen Gericht erneut entstanden sind.[25]

 

Beispiel: Die Klage wird beim ArbG eingereicht. Auf den Einwand des Beklagten wird das Verfahren dann an das zuständige LG verwiesen, das über die Sache mündlich verhandelt.

Die vor dem ArbG angefallene Verfahrensgebühr wäre als solche nicht erstattungsfähig. Da die Verfahrensgebühr aber auch vor dem LG entstanden ist, ist sie erstattungsfähig. Die Terminsgebühr ist ohnehin erstattungsfähig.

 

Beispiel: Vor dem ArbG findet ein Gütetermin statt. Anschließend wird an das LG verwiesen. Dort wird die Klage zurückgenommen, ohne dass mündlich verhandelt worden ist.

Die Verfahrensgebühr, die (auch) vor dem LG entstanden ist, ist erstattungsfähig. Die Terminsgebühr, die nur vor dem ArbG angefallen ist, kann dagegen wegen § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG nicht erstattet verlangt werden.

 

Rz. 49

Nach Verweisung eines Rechtsstreits vom Arbeitsgericht an ein auch örtlich anderes Landgericht sind die Reisekosten des bisherigen Prozessbevollmächtigten, der die Partei schon vor dem Arbeitsgericht vertreten hat, jedenfalls dann erstattungsfähig, wenn die Reisekosten des bisherigen Prozessbevollmächtigten erheblich geringer sind als die Kosten eines neuen Prozessbevollmächtigten.[26]

[24] OLG Hamburg JurBüro 1983, 771; OLG Frankfurt JurBüro 1983, 1717; OLG Stuttgart JurBüro 1984, 1732; OLG Köln JurBüro 1982, 550; OLG Karlsruhe JurBüro 1990, 1154; OLG Brandenburg JurBüro 2000, 257; OLG Brandenburg AGS 2000, 788 = JurBüro 2000, 422.
[25] KG AP Nr. 1 zu § 61 ArbGG 1953; KG BerlAnwBl 1994, 82; OLG Schleswig AGS 1995, 33 = JurBüro 1995, 207; OLG Karlsruhe JurBüro 1991, 1637.
[26] OLG Hamburg AGS 2016 = RVGreport 2016, 190 = Rpfleger 2016, 376.

3. Verweisung von einem Arbeitsgericht an ein anderes Gericht

 

Rz. 50

Die gleichen Grundsätze gelten, wenn vom Arbeitsgericht an ein anderes Gericht (z.B. Finanzgericht oder Verwaltungsgericht) verwiesen wird.[27]

[27] OVG Sachsen-Anhalt 9.8.2019 – 1 O 71/19, AGS 2019, 584 = NJW 2020, 490; Thüringer FG EFG 2007, 453.

4. Verweisung von einem ordentlichen Gericht an das Arbeitsgericht

 

Rz. 51

Wird von einem ordentlichen Gericht an das Arbeitsgericht verwiesen, gilt § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG, wobei die Rechtslage allerdings strittig ist.

 

Rz. 52

Nach einer Auffassung bleiben gemäß § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG die vollen vor dem ordentlichen Gericht entstandenen Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig.[28]

Die Gegenauffassung hält demgegenüber nur die Mehrkosten für erstattungsfähig. Das ist die Differenz zwischen den tatsächlich entstandenen Kosten und denjenigen Kosten, die entstanden wären, wenn der Kläger von vornherein das zuständige Gericht angerufen hätte.[29]

 

Rz. 53

 

Beispiel: Die Klage wird vor dem LG eingereicht. Es wird mündlich verhandelt. Hiernach wird die Sache an das ArbG verwiesen. Dort wird die Klage später zurückgenommen.

Vor dem LG ist die Verfahrens- und die Terminsgebühr ausgelöst worden. Vor dem ArbG ist nur noch die Verfahrensgebühr entstanden.

Nach der vorstehenden Rechtsprechung sind ungeachtet des § 12a Abs. 1 S. 1, 3 ArbGG sowohl Verfahrens- als auch Terminsgebühr erstattungsfähig, da diese Kosten bereits vor dem ordentlichen Gericht angefallen sind.

Nach der Gegenauffassung wäre nur die Terminsgebühr erstattungsfähig.

[28] LAG Baden-Württemberg AGS 2002, 67; LAG Stuttgart NJW 1984, 86; LAG Frankfurt AnwBl 1985, 104; LAG Frankfurt NZA-RR 1999, 498; LAG Kiel AnwBl 1985, 102; LAG München AnwBl 1985, 103; LAG Hamm MDR 1987, 876; LAG Rheinland-Pfalz JurBüro 1988, 1658; LAG Schleswig AnwBl 1985, 102; LAG Niedersachsen Rpfleger 1991, 218; Thüringisches LAG NZA 2001, 1216; ArbG Heilbronn NZA-RR 2002, 494.
[29] LAG Bremen MDR 1986, 434; LAG Berlin AuR 1984, 122.

5. Verweisung von einem anderen Gericht an das Arbeitsgericht

 

Rz. 54

Dieselben Grundsätze gelten, wenn von einem anderen Gericht (Finanzgericht oder Verwaltungsgericht) an das Arbeitsgericht verwiesen wird.

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